Töpfer zwingt Atommüll nach Gorleben

Auf Weisung aus Bonn muß Niedersachsen die Einlagerung von Mol-Abfällen in Gorleben genehmigen  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Auf Befehl von Bundesumweltminister Klaus Töpfer soll das Atommüllzwischenlager in Gorleben von nun an auch radioaktive Abfälle ungeklärter Herkunft aufnehmen. Töpfer hat gestern seine niedersächsische Amtskollegin Monika Griefahn angewiesen, in Gorleben die Einlagerung eines Containers aus dem belgischen Mol zu genehmigen, dessen radioaktiver Inhalt möglicherweise nicht in bundesdeutschen AKWs produziert wurde. Töpfers „bundesaufsichtliche Weisung“ verpflichtet Niedersachsen nicht nur, jene Verfügung aufzuheben, mit der am Freitag die Einlagerung des Mol-Containers untersagt wurde. Das Umweltministerium in Hannover wurde auch angewiesen, sich Töpfers „Rechtsauffassung zu eigen zu machen“, nach der unabhängig von der Herkunft des radioaktiven Mülls dessen Einlagerung in Gorleben dann zu genehmigen ist, wenn die physikalische Beschaffenheit des Abfalls der für das Zwischenlager gültigen Umgangsgenehmigung entspricht. Damit öffnet die Weisung auch den übrigen 700 Kubikmetern Mol-Abfällen den Weg nach Gorleben, die laut Bundesumweltministerium demnächst aus Belgien in die BRD transportiert werden sollen. Töpfers Weisung verpflichtet Niedersachsen außerdem, dem Zwischenlagerbetreiber BLG umgehend die Zulassung der Einlagerung mitzuteilen und heute in Bonn den Vollzug zu melden.

Umweltministerin Monika Griefahn kündigte gestern an, sie werde der Weisung Folge leisten, ließ aber den genauen Termin des Atommülltranports in das Zwischenlager offen. Über die Durchführung der Einlagerung müsse gemeinsam mit der Polizei unter Abwägung der Situation vor Ort entschieden werden, ließ die parteilose Landesministerin erklären. Dem Bundesumweltminister warf Griefahn vor, sich mit seiner Weisung „ohne Not zum eilfertigen Helfershelfer der Betreiber vom Atomkraftwerken zu machen“. Der grüne Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann sprach gestern von „einer grundsätzlichen Kehrtwende Bonns in der Atommüllfrage“. Bisher habe Töpfer immer erklärt, nur der Atommüll, der aus bundesdeutschen AKWs stamme, solle auch in der Bundesrepublik gelagert werden. Jetzt gelte offenbar das Gegenteil. Indem sie mehrere tausend Kubikmeter Atommüll ungeklärter Herkunft von Mol nach Gorleben schaffe, wolle die Bundesregierung den Transnuklearskandal ohne Aufklärung unter den Teppich kehren. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg setzte unterdessen die Blockade des Zwischenlagers in Gorleben fort. Etwa zwölf Traktoren und 80 AKW-Gegner sperrten gestern die Einfahrt. Die Blockierer errichteten eine Hütte, an der sie ankommenden Atommüll kontrollieren und zurückschicken wollen.