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Biedenkopf will Klarheit über den Sitz der Regierung

■ Sachsens Landesvater eröffnet Landesvertretung in der Ex-Vertretung der DDR in Bonn: „Kein Verständnis, die Verfassungsinstitutionen zu trennen“

Bonn/Dresden (adn-lsc) — Für eine „schnelle und klare Entscheidung“ über den künftigen Sitz von Parlament und Regierung hat sich Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) ausgesprochen. Es muß dies eine Entscheidung für Bonn oder für Berlin sein, sagte er gestern in Bonn anläßlich der Eröffnung der sächsischen Landesvertretung beim Bund. Biedenkopf hat kein Verständnis für den Gedanken, die Verfassungsinstitutionen zu trennen. „Das ist ohnehin dauerhaft nicht möglich.“ Der sächsische Landesvater erinnerte an die Entscheidung des Landtags in Dresden, der seine Entscheidung für Berlin mit mehreren Voraussetzungen verknüpft hatte: Der Umzug soll erst in der 14. Legislaturperiode stattfinden, die Verteilung der Bundesbehörden unter Einbeziehung der östlichen Länder sowie die Finanzverfassung von Bund und Ländern neu geregelt werden. Biedenkopf warnte, „eine knappe Mehrheitsentscheidung als gefährlich für die Demokratie“ zu betrachten. So gesehen, müsse man „vor allen wichtigen Entscheidungen Angst“ haben, was geradezu lebensgefährlich sei.

Zur Steuer- und Finanzdiskussion: Biedenkopf betrachtet die in diesem Jahr bereitgestellten Finanzmittel als ausreichend für den Aufbau der neuen Länder. Bevor man jedoch über neue Steuererhöhungen nachdenke, müsse man sich erst einmal darüber verständigen „was an Finanzen in den kommenden Jahren notwendig wird“. Eine Bestandsaufnahme müsse schnell erfolgen, damit „wir bei der Aufstellung des Haushalts 1992 nicht wieder auf Spekulationen angewiesen sind“. Zu präzisieren sei, welche Wachstumserwartungen die ostdeutschen Länder haben, und wann sie in der Lage sein werden, ihre Staatskosten selbst aufzubringen. Sachsen finanziere den diesjährigen Finanzbedarf von 26 Milliarden D-Mark zu 17 Prozent durch Kreditaufnahme und zu 20 Prozent durch Steuereinnahmen. Der Rest von 63 Prozent seien Transferleistungen. Zuvor hatte es Biedenkopf ein für ihn bewegendes Erlebnis genannt, daß die Landesvertretung des Freistaates beim Bund gerade am 17. Juni und am Tage der Unterzeichnung der deutsch-polnischen Verträge erfolge. Dies kennzeichne die großen Umwälzungen, die sich in den vergangenen zwei Jahren vollzogen hätten. Staatssekretär Günter Ermisch bezeichnete es als eine Herausforderung, dem durch die Vergangenheit „politisch belasteten Gebäude“ — hier befand sich früher die Ständige Vertretung der DDR — „durch eine Politik der offenen Tür zu einem besseren Ansehen zu verhelfen“. taz/adn

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