: Noch eine Seifenblase?
Forscher Daniel Zagury will schon wieder neuen Aids-Impfstoff gefunden haben ■ Aus Florenz Klaus Lucas
Während der französische Impfstoff-Experte Daniel Zagury im eigenen Land heftig wegen seiner Kuhpocken-Experimente an Aids-Kranken attackiert wird, sorgte er am Montag in Florenz auf der Aids-Konferenz für kurze Aufregung: Angeblich sei ihm ein wirksamer Impfstoff gegen Aids gelungen, der nichts mit den Kuhpocken zu tun habe.
Diese Ankündigung stieß auf starke Vorbehalte. Zagury gestand dann schließlich selbst, daß er bei der Anmeldung seiner Rede ausdrücklich nicht auf die Ankündigung dieses Impfstoffs verwiesen habe, da die Methodik seiner Studie, die er lediglich an sechs Patienten durchführe, nicht den Standards dieser Konferenz entspreche. In der Tat wurde Daniel Zagury der Vorwurf gemacht, methodisch unsauber gearbeitet und seine Studienprotokolle immer wieder geändert zu haben.
Unmittelbar nach Zagurys Ankündigung erklärte Antonio Siccardi, Pressesprecher der Konferenz, daß Zagurys Ansatz zwar unkonventionell sei, aber dennoch sehr interessant klinge. Auf die Frage, wie er die Ankündigung eines neuen Impfstoffs einschätze, verglichen mit ähnlichen Ankündigungen, die mittlerweile wohl zum festen Repertoire der Aids-Konfernzen gehören, wich Siccardi aus.
Deutlicher wurde am nächsten Tag das offizielle Konferenzbulletin. Dort wurde Zagury als das „Enfant terrible“ der Impfstoff-Forschung bezeichnet. Weiter heißt es: „Weshalb müssen Zagurys Ergebnisse mit großer Vorsicht betrachtet werden? Die Mixtur von Zellen und Substanzen, die er miteinander verbindet, erinnern an einen Hexentrunk. Zagury hat keinen Versuch unternommen, die Wirksamkeit der einzelnen Substanzen zu evaluieren, alles was wir wissen ist, daß diese Mixtur anscheinend funktioniert. Ein anderer Grund, weshalb wir vorsichtig sein sollten, liegt in der Tatsache, daß Zagury seine Studie ohne jede Kontrolle durchführte.“
Die auf der Pressekonferenz unbeantwortet gebliebene Frage, ob es sich bei Zagurys „Impfstoff“ nicht erneut um eine Seifenblase handelt, die bald platzt, wird erst in nächster Zeit zu beantworten sein. Im Moment sprechen Zagurys wiederholte Verletzungen wissenschaftlicher Methoden und ethischer Standards eher gegen ihn.
Siehe auch Seite 12
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