: CDU im letzten Gefecht für die Hauptstadt
■ 30 aufgebrachte Abgeordnete reisten nach Bonn
Bonn/Berlin. Die Berliner CDU startete gestern zum letzten Gefecht in der leidigen Hauptstadtfrage. Dreißig erzürnte Berliner Abgeordnete machten sich per Flugzeug kurzentschlossen nach Bonn auf, um ihren Unionskollegen im Bundestag auf die Sprünge zu helfen. Unter der Leitung des Parlamentarischen Geschäftsführers Volker Liepelt wollten sie sich auch beim Bundeskanzler Gehör verschaffen. Auch die Berliner CDU-Spitze ging gestern in Bonn noch einmal für Berlin hausieren: CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky sagte ein Hintergrundgespräch mit Journalisten im Rathaus Schöneberg ab und eilte mit Regierungschef Diepgen an den Rhein, um dem Kanzler noch einmal den Ernst der Lage klarzumachen. Gestern nachmittag wurden alle bei Kohl empfangen, und der versprach, sein gewichtiges Votum — als Abgeordneter — in die Waagschale zu werfen.
Die mitregierende Berliner SPD konnte sich zwar zu einer solch spontanen Werbeaktion nicht aufraffen, begleitete die CDUler jedoch mit den besten Wünschen. »Großen Erfolg« wünschte der Fraktionssprecher den Abgeordneten, denn die Entscheidung über den Regierungssitz sei eben keine parteipolitische. Frei nach Wilhelm Zwo kennen wir vor der Hauptstadtfrage keine Parteien mehr, sondern nur noch Berliner...
Vorausgegangen war dem Kurztrip nach Bonn eine turbulente Fraktionssitzung der Unionschristen am Dienstag, in der etliche Abgeordnete damit gedroht hatten, bei einer Entscheidung gegen Berlin ihr Parteibuch zurückzugeben. In ganz Ostdeutschland gar befürchtete man eine Austrittswelle aus der CDU. Die Berliner zumindest können damit nicht gemeint gewesen sein: Eine Umfrage des Meinungsinstitutes Forsa, die in dieser Woche veröffentlicht worden war (die taz berichtete), hatte ergeben, daß sich gerade einmal drei Prozent der Berliner für die Hauptstadtfrage interessieren. Doch so viele? Natürlich, Meinungsumfragen... Der Senat legte gestern noch einmal nach und veröffentlichte eine von ihm in Auftrag gegebene Emnid- Studie, nach der fast zwei Drittel der Bundesbürger mit einer Entscheidung für Berlin rechnen. Aber die haben ja nicht zu entscheiden. Bleibt zu hoffen, daß heute überhaupt etwas entschieden wird. kd
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