: Dicke Knete für winzige Firmen
Spaniens Sozialisten erleben Finanzskandal Nr.2: Großbanken zahlten Wahlpropaganda der PSOE ■ Aus Madrid Antje Bauer
Die Angestellten der Consultingfirma Malesa hatten es schon drauf. Mit weniger als sechs Leuten erstellten sie 1989 eine Studie über die Einrichtung eines Leasingsystems für Container im Auftrag des Banco de Bilbao y Vizcaya, einer der größten Banken Spaniens. Dazu kam ein Bericht über die petrochemische Entwicklung in der EG für eine Benzinfirma, ein Bericht über Fusionsprozesse im Bankenbereich für die Banco Central, eine Studie über den Industriesektor in der EG im Auftrag der staalichen Lastwagenfabrik ENASA, ein Bericht über die Möglichkeit der Einrichtung einer Baufirma in Frankreich für eine private Firma... — und das alles ganz allein, ohne irgendwelche Spezialisten heranziehen zu müssen. Möglicherweise wäre nie aufgefallen, daß die angeforderten Untersuchungen niemals erstellt worden sind, wenn nicht der Buchhalter einer der beiden Unterfirmen namens Filesa kalte Füße bekommen und gegenüber zwei Madrider Tageszeitungen ausgepackt hätte. Das löste den zweiten Parteienfinanzierungsskandal aus, in den Spaniens Sozialistische Partei seit ihrem Regierungsantritt 1982 verwickelt wurde.
Nach Angaben von Carlos van Schouwen, ehemaliges Mitglied der linken chilenischen Organisation MIR, wurden über die beiden Consultingfirmen Filesa und Time Export Milliarden Peseten der Sozialistischen Partei PSOE zugeschoben. Allein 1989 zahlten Banken und Großfirmen den beiden Mini-Unternehmen fast zehn Millionen DM für Untersuchungen, die niemals durchgeführt wurden. Filesa und Time Export ihrerseits blieben auf dem Geld nicht sitzen, sondern machten sogar noch Schulden. Damit bezahlten sie diverse Unternehmen, die Wahlpropaganda für die PSOE druckten (im Herbst 1989 fanden Parlamentswahlen statt) sowie eine Firma, die einen Fernsehspot für die PSOE erstellte. Offensichtlich finanzierte die Filesa auch das Madrider PSOE-Wahllokal. Malesa, die Mutterfirma der beiden Unternehmen, gehört zwei Personen aus dem Dunstkreis der PSOE.
Als Bindeglied zwischen der Malesa und der PSOE erscheint Carlos Navarro, Verantwortlicher für die Finanzen der Sozialistischen Fraktion im Parlament. Er ist gleichzeitig Mitglied der Untersuchungskommission, die die PSOE eine Woche nach Bekanntwerden des Skandals bildete, um die Finanzierung der Partei zu klären. Der Generalstaatsanwalt Leopoldo Torres hat gestern den Oberstaatsanwalt des Rechnungshofes aufgefordert, die bereits archivierten Untersuchungen über die Finanzierung der PSOE wieder aufzunehmen. Auf Antrag der PSOE hat das Parlament jedoch beschlossen, daß nur die von der Partei beigebrachten Belege auf möglichen Betrug hin untersucht werden dürfen.
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