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Luft machen gegenüber dem Buh-Mann der Nation

■ Welle von Besetzungen im westsächsischen Industriegürtel

Chemnitz. Die spontanen Betriebsbesetzungen im westsächsischen Industriegürtel haben sich zum Wochenende ausgeweitet. Neben dem dkk Scharfenstein (siehe Seite 34), wo sich Arbeiter auf diese Weise seit Dienstag gegenüber der Treuhand „Luft machen“, werden seit Donnerstag auch die zwei Betriebsteile der Sächsischen Mähdrescherwerke AG in Bischofswerda und Neukirch aus Protest gegen die drohende Schließung besetzt. Die Aktion wird vorerst bis zum kommenden Dienstag andauern. Nach Informationen aus dem Betriebsrat soll das Mähdrescherwerk zum 1. Juli geschlossen werden. Das bedeutet das Aus für 2.300 Arbeitnehmer. Jetzt forderte der Betriebsrat die schnelle Bildung einer Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft mit einer von der Treuhand bisher verwehrten finanziellen Beteiligung des Unternehmens. Eine weitere Forderung lautet: Zustimmung zur Verlängerung der Kurzarbeiterregelung um ein halbes Jahr bis zum 31. Dezember 1991. Die Belegschaft des Zwickauer Sachsenring-Automobilwerkes, die am vergangenen Montag die Besetzung ihres Werkes im Sinne einer Denkpause vorerst ausgesetzt hatte, erwartet nun mit Spannung das Ergebnis der am Freitag zwischen IG Metall und Treuhandverwaltungsrat begonnenen Gespräche in Sachen Aufbau-, Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaften. Für Sonntag 9.00 Uhr wurde eine Betriebsratssitzung anberaumt, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Aktionsbereit erklärte sich auch weiterhin im Bedarfsfalle der Betriebsrat der Chemnitzer Eisen- und Stahlgießerei GmbH Chemnitz. Er wolle die symbolische Betriebsbesetzung vom Donnerstag als Warnung an die Treuhand verstanden wissen, künftige Entscheidungen über eine zu bildende Qualifizierungsgesellschaft und die Unternehmensentwicklung im Interesse der Belegschaft zu fällen.

Auch der sächsische Verkehrsstreik von rund 10.000 Bus- und Lkw-Fahrern geht weiter. Die ÖTV erklärte ihren Willen, solange zu streiken, bis ein unterschriebenes Verhandlungsergebnis auf dem Tisch liegt. Am Freitagmorgen saßen Unterhändler der ÖTV und vom sächsischen Verkehrsgewerbe bereits 14 Stunden am Verhandlungstisch, jedoch ergebnislos. Probleme gebe es bei den Lohngruppen, der Manteltarifvertrag „steht im Prinzip“. Die Streiks haben deutlich an Härte gewonnen. Erste Blockaden wurden aus Meißen und Chemnitz gemeldet. Rechtsradikale Skins wollten nach Gewerkschaftsangaben in Zwickau in die Protestbewegung eingreifen. Es habe Drohungen auf dem Betriebshof des dortigen Kraftverkehrsbetriebes gegeben, Bomben zu legen und Fahrzeuge anzuzünden. taz/adn

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