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Minister kannte Gesetze nicht

■ Bündnis 90/Grüne fordert Aufklärung über Diepgens Rolle in der Raststätten-Affäre/ Gerade jetzt sollte Regierung verdachtsfrei sein

Berlin. In der Raststätten-Affäre, bei der zu unerklärlich günstigen Konditionen Standorte an Autobahnen ausverkauft wurden, meldet sich jetzt auch die Opposition zu Wort. Die Fraktion Bündnis 90/Grüne hält die Verwicklungen des damaligen CDU-Oppositionsführers und heutigen Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen in die Affäre »insbesondere für Berlin für schädlich«. Diepgen hatte sich letztes Jahr kurz vor der Wiedervereinigung persönlich beim damaligen DDR-Verkehrsminister Horst Gibtner (CDU) für die Vermittlung von vier Standorten an die Hotelkette »Van der Valk« bemüht. Die Verträge wurden fünf Tage vor der Vereinigung, am 28. September, unterzeichnet — von Diepgens Sozius Gerhard Bollmann. Der Staat verzichtete zu seinem Nachteil auf etwa drei Millionen Mark Pachtgebühr jährlich. Bernd Köppl vom Bündnis 90/ Grüne beurteilt Diepgens Rolle gerade nach der Entscheidung des Bundestags für Berlin als bedenklich. Jetzt werde eine große Nachfrage nach Grundstücken und Konzessionen enstehen, »gerade in solchen Zeiten müssen Mitglieder einer Landesregierung frei vom Verdacht der Vorteilsnahme sein«, sagte Köppl. Der Abgeordnete hatte in einer mündlichen Anfrage den Senat zu einer Beurteilung der Vorgehen aufgefordert. Bernd Köppl in einer Presseerklärung weiter: »Die Berlinerinnen und Berliner haben ein Recht auf Aufklärung in dieser dubiosen Affäre.«

Der Regierende Bürgermeister dementierte inzwischen gegenüber der taz, daß er auch Bundesverkehrsminister Günther Krause bei der Konzessionsvergabe beraten habe. Krause hatte am Montag in einem Interview mit der 'Bild‘-Zeitung behauptet, daß ihm das westdeutsche Recht fremd gewesen sei, »aber an unserer Seite standen so gewiefte Rechtsanwälte wie der jetzige Berliner Bürgermeister Diepgen und der anerkannte Wirtschaftsfachmann Friedhelm Ost. Auf deren Rechtsrat haben wir uns als Regierung, habe ich mich als Staatssekretär verlassen.« Diepgen zur taz: »Ich habe nur die Van-der-Valk-Gruppe beraten, die Konzessionsvergaben waren ganz allein Krauses Entscheidungen.«

Rudolf Mertens, Sprecher des Bundesverkehrsministers, erklärte gegenüber der taz, daß sich Krause nur »allgemein« auf den Rat westdeutscher Juristen gestützt habe. Mit der Konzessionsvergabe habe Diepgen nichts zu tun gehabt. Wie es dennoch zu Krause Äußerung kommen konnte, »weiß der Teufel«. Das Interview sei weder vom Minister noch von ihm gegengelesen worden.

Peter Brinkmann, der Krause interviewt hatte, sagte der taz das genaue Gegenteil: »Das Interview war mit Mertens abgestimmt.« Dirk Wildt

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