Die Bundesrepublik kommt gut weg

■ EG einigt sich auf Steuerharmonisierung/ Kompromiß der Finanzminister in Luxemburg/ Kaum Änderungen für deutsche Verbraucher: Bier wird vier Pfennig teurer, Wein bleibt unbesteuert

Luxemburg (ap/taz) — In den zwölf Ländern der Europäischen Gemeinschaft wird die Mehrwertsteuer ab 1993 mindestens 15 Prozent betragen. Darauf einigten sich die EG-Finanzminister in der Nacht zum Dienstag in Luxemburg nach zähen Verhandlungen. Damit wurde eine der zahlreichen Hürden auf dem Weg zum einheitlichen Binnenmarkt genommen. Diese Hürde war allerdings in den letzten Monaten so lange niedriger gehängt worden, bis alle Länder sich bereit zum Sprung zeigten. Denn ursprünglich einmal wollte man sich nicht bloß auf Mindestsätze, sondern auf EG-weit gültige einheitliche Steuersätze einigen.

Die Bundesrepublik ist bei dem Kompromiß besonders gut weggekommen: Sie muß die Mehrwertsteuer um ein Prozent erhöhen. Und diese Mehreinnahmen von zehn Milliarden Mark jährlich wollte die Bundesregierung angesichts der angespannten Haushaltslage ohnehin schon bald kassieren. Jetzt hat sie ein gutes Argument.

Die Finanzminister billigten im Grundsatz ein Vorschlagspaket der luxemburgischen Ratspräsidentschaft für Mindestsätze bei der Mehrwertsteuer und den Abgaben für Mineralölprodukte, Tabak und Alkohol. Das Einigungspaket sieht vor, daß alle Mitgliedsstaaten vom 1.Januar 1993 an mindestens 15 Prozent Mehrwertsteuer erheben, wobei sie aber ein oder zwei ermäßigte Sätze einführen dürfen. In der Bundesrepublik gilt beispielsweise für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften ein Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent.

Derzeit klaffen die Mehrwertsteuersätze noch weit auseinander — mit einem Spitzenwert von 22 Prozent in Dänemark im Vergleich zu 12 Prozent in Spanien. Ein Knackpunkt bei den Verhandlungen war in den Ländern mit hohen Steuern die Angst vor leeren Staatskassen bei einer Senkung des Satzes. Wenn andererseits die großen Unterschiede im EG-Binnenmarkt ab 1993 bleiben würden, hätten die Hochsteuerländer erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber den Niedrigsteuergebieten.

Bisher sichern die Grenzkontrollen dem Fiskus die Steuern. Dänemark mit einem Mehrwertsteuersatz von 22 Prozent wollte seine Steuergrenzen nicht aufmachen, solange in Deutschland noch 14 Prozent gelten. In Luxemburg werden 12 Prozent auf die Waren aufgeschlagen, in Griechenland 18 Prozent. Bliebe dies so, würde der Steuertourismus von 1993 an ungezügelt einsetzen, wenn die Beschränkungen für Freimengen im privaten Reiseverkehr abgeschafft sind.

Hart trifft der Kompromiß also vor allem Dänemark, Irland, Italien, Frankreich und die Niederlande, die mit 22 Prozent, 21, 19, 18,6 und 18,5 Prozent die höchsten Mehrwertsteuersätze in der EG haben. Für einzelne Mitgliedsstaaten wurden Übergangsfristen bewilligt, die ihnen erlauben sollen, sich dem neuen System allmählich anzupassen. Das gilt vor allem für Großbritannien mit seinen Nullsätzen für Kinderkleidung und Kindernahrung.

Die Mehrwertsteuerbeschlüsse sollen allerdings nur für eine Übergangszeit bis 1997 gelten. Bis dahin wollen die Mitgliedsstaaten endgültig einheitliche Regelungen gefunden haben. Zur Zeit werden Waren in der EG im Rahmen eines komplizierten grenzüberschreitenden Rückerstattungssystems besteuert.

Bei den anderen Verbrauchssteuern haben die EG-Finanzminister ebenfalls einen Kompromiß erzielt (siehe Tabelle). Weil die Bundesrepublik über den Mindestsätzen liegt, ändert sich zumeist für die VerbraucherInnen nichts. Lediglich Bier wird um vier Pfennig je Liter teurer. Und weil die Brauereien in Bonn offensichtlich gute Lobby-Arbeit leisten, setzte die Bundesregierung für die kleinen und mittleren Brauereien eine Ausnahme durch: Bei einer Bierproduktion von nicht mehr als 200.000 Hektolitern jährlich kann dieser Satz für eine Übergangszeit unterschritten werden.

Beim Wein wehrte sich die Bundesregierung mit Erfolg gegen eine symbolische Besteuerung von einer Ecu (2,05 Mark) je 100 Liter. Bonn hatte sein Nein damit begründet, daß selbst bei einer Minimalsteuer eine unzumutbare bürokratische Erfassung der Weinhandelsströme notwendig würde. Donata Riedel

Benzin (verbleit)

Benzin (bleifrei)

Diesel

Heizöl (schwer)

Zigaretten

(in Prozent des Endverkaufspreises pro 1000)

Bier

Schaumwein

EG-Mindestsatz

69,0 Pfennig/Liter

58,8 Pfennig/Liter

50,2 Pfennig/Liter

02,6 Pfennig/kg

57 Prozent

19,17 DM

33,83 DM pro hl

deutscher Satz

92,0 Pfennig/Liter

82,0 Pfennig/Liter

54,0 Pfennig/Liter

05,5 Pfennig/kg

60 Prozent

14,29 DM

266 DM pro hl