: Leichen auf Reisen
Da haben sich die staatlichen Leichenfledderer solche Mühe gegeben, den vor 141 Jahren gestorbenen US-Präsidenten Zachary Taylor wieder auszubuddeln und die Reste seiner Überreste zu untersuchen, um eine gewagte Mordtheorie zu beweisen, und haben dabei doch nur festgestellt, das der gute Zachary genau an der Krankheit gestorben ist, die damals als offizielle Todesursache angegeben worden war.
Die Historikerin und Amateurdetektivin Clara Rising hatte in einem Buch über den Präsidenten die Theorie vertreten, Taylor sei mit Arsen vergiftet worden, weil er gegen eine Ausweitung der Sklaverei gewesen sei. Die Symptome einer Arsenvergiftung und eines Magen- Darm-Katarrhs sind sich sehr ähnlich. Taylor war nach einer Feier im Juli 1850 in Washington plötzlich erkrankt und wenige Tage später gestorben.
Frau Rising bezahlte die 1.200 Dollar für die Exhumierung aus der eigenen Tasche, sie wollte unbedingt für eine Sensation sorgen und beweisen, daß nicht Abraham Lincoln, sondern Taylor der erste Präsident der USA war, der einem Attentat zum Opfer fiel. Proben der Nägel, der Haut und der Knochen wurden in drei verschiedenen Labors mit drei unterschiedlichen Techniken — im Spektrometer, unter dem Elektronenmikroskop und unter Neutronenbeschuß — auf Spuren von Arsen untersucht. In allen drei Fällen war das Ergebnis negativ. Kein Mord und daher auch kein Ruhm für Frau Rising.
Während sie den toten Zachary Taylor jetzt hoffentlich in Ruhe lassen, wird eine andere Leiche wohl noch einige Zeit unterwegs sein. Letzten Mittwoch staunten die Zöllner des Tel Aviver Ben-Gurion-Flughafens nicht schlecht, als sie ganz normal ihrer Arbeit nachgingen: Bei der Kontrolle eines Koffers mit Röntgenstrahlen erschienen auf ihrem Bildschirm ein Schädel und menschliche Knochen. Der indische Besitzer konnte den makaberen Inhalt im Reisegepäck jedoch leicht erklären. Es handele sich um die sterblichen Überreste seines geliebten Vaters, berichtete der Reisende. Er sei Matrose ohne festes Heim und habe bislang noch keine geeignete Grabstätte für seinen toten Papa gefunden. So würde er ihn überallhin mitnehmen, denn er könne es nicht übers Herz bringen, von ihm getrennt zu sein.
Die israelischen Beamten verlangten Papas Papiere. Die konnte der liebende Sohn vorweisen. Nach einigem Hin und Her ließen die Zöllner den Inder mitsamt den Überresten seines Vaters nach Israel einreisen. Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen