Prosoz: Rechenzentrum abgestürzt

■ Behörde bastelt seit Jahren erfolglos an einem EDV-Programm für Sozialhilfe

Seit sechs Jahren sitzt eine ganze Abteilung des Bremer Rechenzentrums an der Entwicklung des Programms, 120 SachbearbeiterInnen wurden immer wieder speziell geschult, dutzende Testläufe durchgeführt, über 100 Arbeitsplätze mit modernsten EDV-Anlagen ausgerüstet und insgesamt 24 Millionen Mark ausgegeben. Am 1. September soll das „Projekt programmierte Sozialhilfe“ (Prosoz) endlich in den „Echtbetrieb“ gehen. Doch bis heute liefert Prosoz kaum einmal ein brauchbares Ergebnis.

Dabei ist die Idee einfach und unumstritten gut: Während heute die Sozialamts-SachbearbeiterInnen alle Angaben für die Berechnung der Sozialhilfe umständlich in Einzelbelege eintragen müssen, die erst im Rechenzentrum zu einem — dann auch oft noch fehlerhaften — Bescheid verarbeitet werden, kann im Prosoz- Verfahren jede Sachbearbeiterin an ihrem Computer-Bildschirm alle Angaben selber eintragen und auch sofort einen Sozialhilfe-Bescheid ausdrucken lassen. Damit hätte Prosoz auch für die SozialhilfeempfängerInnen den großen Vorteil, daß sie den Umfang der genehmigten Hilfe beim Besuch des Sozialamtes sofort erfahren und sich — falls nötig — auch sofort gegen fehlerhafte Berechnungen wehren können.

Für die Umsetzung dieses Prosoz-Gedankens hat Bremen acht Millionen Mark Förderung aus Bonn im Rahmen des Programms „Humanisierung der Arbeitswelt“ erhalten. Damit konnte auch mit wissenschaftlicher Begleitung eine umfassende Mitbestimmungsregelung zwischen Sozialbehörde und Personalrat erarbeitet werden. Doch obwohl die Bonner Förderung 1990 ausgelaufen ist, der Abschlußbericht bereits in Rohfassung vorliegt und Prosoz eigentlich schon längst von allen 350 Sozialamts- SachbearbeiterInnen angewandt werden sollte, hapert es noch immer an einem funktionierenden Computer-Programmm.

Seit Mai 1990 bearbeiten 120 SachbearbeiterInnen ihre Sozialhilfe-Fälle neben der bislang üblichen Formular-Wirtschaft auch noch parallel an den neuen Bildschirmen. Aber von Prosoz wurde „von sieben Fällen in zwei Monaten nur ein einziger Fall wirklich fehlerfrei verarbeitet“, sagt Manfred Held vom Gesamtpersonalrat, „wobei in mehreren Fällen katastrophale Fehler passiert sind.“ Und auch sein Personalrats-Kollege Jürgen Schmidt berichtet von „sehr viel Frust“ mit dem Prosoz-Programm, das „bisher noch immer nicht so funktioniert, daß wir unsere Zustimmung geben könnten“.

Auch Friedhorst Kriebisch, Prosoz-Projektleiter der Sozialsenatorin, gesteht „große Schwierigkeiten“. Die seien jedoch vor allem darauf zurückzuführen, daß die sehr komplizierten und ständig geänderten Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes nur schwer in ein Computerprogramm zu übersetzen seien. „Der Sachbearbeiter hat mit Prosoz ein sehr offenes Programmm zur Verfügung — mit allen darin enthalten möglichen Fehlbedienungen“, nennt der im Rechenzentrum zuständige Informatiker, Dr. Joachim Schnepel, einen weiteren Grund für die Verzögerung. Den Vorwurf des Personalrats, die aktuelle Prosoz- Version sei schon deshalb unbrauchbar, weil sie selbst in ganz einfachen Fällen „schockierende Fehler“ liefere, weist er zurück: „Auch ein hyperkomplexes Programm kann Banalfehler produzieren.“

Einen weiteren Grund der Verzögerung bei der Prosoz-Entwicklung sieht Schnepel darin, daß das Bremer Rechenzentrum eine Behörde ist und sich deshalb auch an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes halten müsse. Für BAT-3 sei eben kaum ein hochqualifizierter Programmierer zu finden, der in einem Privatunternehmen leicht das doppelte verdienen könne. Trotzdem werde Prosoz — wenn es denn erstmal funktioniert — sicher auch außerhalb Bremens zu verkaufen sein. Frankfurt und Berlin hätten bereits Interesse gezeigt und mit ersten Testläufen begonnen.

Zumindest in Berlin wurde nach dem Regierungswechsel die Prosoz-Erprobung jedoch wieder eingestellt. Und das Bremer Rechenzentrum hat auch in einem anderen Großprojekt weitgehend versagt. „Demos“ soll die seit fünf Jahren ebenfalls aus Bonn geförderte elektronische Meldedatei einmal heißen. Doch bis heute funktioniert sie genausowenig wie Prosoz. Dirk Asendorpf