Hamster im Tank

■ Der Autolenker als Sammler/ Tanken, solange das Benzin noch billig war/ Bis zu 200 Liter im Kanister

Hamburg. Einen Ansturm auf die Säule hat die seit gestern gültige Benzinpreiserhöhung ausgelöst. Allerdings nur in Ostdeutschland. In der Alt-BRD herrschte kaum Andrang an den Zapfsäulen. Die Einschätzungen der Tankwarte schwankten zwischen „hier ist die Hölle los“ (Ost) und „halb so schlimm“ (West).

Als Gründe für die „Hamsterkäufe“ in Ostdeutschland nannten Tankstellenbetreiber unter anderem „schlechte Erfahrungen aus DDR-Zeiten“, verwiesen aber auch auf das unterschiedliche Einkommensniveau in Ost und West. Ein Ostberliner Autofahrer dazu: „Wat ick hab', det hab' ick, wat kommt, weeß ick nich!“

In vielen ostdeutschen Städten herrschte schon in der Nacht zum Samstag regelrechtes „Zapffieber“. Nahezu jeder Autofahrer füllte einen Reservekanister. Die Wartezeiten lagen zwischen 30 und 90 Minuten. „Die tanken wie die Wilden“, sagte ein Tankwart in Magdeburg. „Mit großen Kanistern und Fässern“ kamen die neuen Bundesbürger auch in Erfurt an die Zapfsäulen. Insgesamt habe sich der Benzinverkauf in den vergangenen Tagen um etwa ein Drittel bis zur Hälfte erhöht, hieß es.

An den Tankstellen in Südthüringen wurde fast ebenso häufig wie der Tankverschluß auch der Kofferraum geöffnet. Ganze „Kanisterbatterien“ hätten dort manchmal bereitgestanden, sagte ein Tankwart, der selbst zu mitternächtlicher Stunde keine Ruhepause fand. Der Benzinabsatz an Südthüringens Tankstellen stieg nach Auskunft mehrerer Betreiber um durchschnittlich mehr als die Hälfte. Wartezeiten bis zu zwei Stunden gab es auch vor den Tankstellen der Cottbuser Region in Kauf zu nehmen. Bis zu 200 Liter Benzin ließ sich mancher Fahrzeugbesitzer zusätzlich in Kanister füllen.

Im Westen dagegen reagierten nur wenige Autofahrer mit „Hamsterkäufen“. In Konstanz berichtete ein Tankwart, daß bis zu 1.000 Liter Benzin pro Stunde in die Autotanks flossen. An normalen Tagen würden nur etwa die Hälfte Sprit pro Stunde abgenommen. In Hannover meldete eine Aral-Tankstelle „Chaos“ an den Zapfsäulen. Hoch im Kurs, so Tankwarte, seien 20-Liter-Kanister: „Die laufen gut.“ Auch an einer BP-Tankstelle in Oldenburg drängelten sich am Samstag die Autofahrer. Dagegen war es an den Tankstellen in den anderen alten Ländern „kaum anders als sonst“, berichteten Betreiber.

Die durchschnittliche Tankfüllung verteuert sich aufgrund der Mineralölsteuer-Erhöhung um rund zehn Mark. Für den Autofahrer ergeben sich Mehrkosten zwischen 25,1 Pfennig je Liter für bleifreies Benzin und 28,5 Pfennig für verbleites Super. Im Bundesdurchschnitt kostet bleifreies Normalbenzin 1,45 Mark, verbleites Super-Benzin 1,63 Mark und Dieselkraftstoff 1,11 Mark. dpa