: Entweder Embryo oder Frau-betr.: "Woche für das Leben" von Götz Aly, taz vom 17.6.91, "Die Kirche und die Frauen" von Helge Lukoschat, taz vom 20.6.91, Leserbrief "Verkorkste Argumentationen", taz vom 25.6.91
betr.: „Woche für das Leben“ von Götz Aly, taz vom 17.6.91, „Die Kirche und die Frauen“ von Helga Lukoschat, taz vom 20.6.91, Leserbrief „Verkorkste Argumentationen“ von Bernward Credo,
taz vom 25.6.91
Lieber Bernward Credo, Sie nennen Ihre Erkenntnnisse beziehungsweise die, die Sie sich zu eigen gemacht haben, vernünftig, während Sie die anderer verurteilen und zensieren, ja sogar mit Diskussionen der DDR- Führung vergleichen. Um mit Ihrer letzten Frage anzufangen: Was wäre denn, Herr Credo, wenn ein Embryo doch schon ein Mensch ist? So weit beziehungsweise weiter gehen sie aber nicht. Feigheit oder Gedankenlosigkeit? Oder weil wir's sowieso schon wissen? Abtreibende Frauen sind Mörderinnen!? Wem nützt diese Kriminalisierung?
Die Masse der Diskussionen wird von klugen Männern(!), die theoretisch viel über das vorgeburtliche Leben wissen, geführt. Über die Köpfe von Frauen hinweg wird über sie diskutiert, nicht mit ihnen gesprochen.
Frauen werden verunsichert, kriminalisiert, kleingemacht, in der Folge aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt, auf ihre Biologie festgenagelt. Es wird unterstellt, daß Frauen nicht mal über ihren Körper selbst entscheiden können, daß Mann das für sie tun muß, damit was Vernünftiges dabei rauskommt. Dabei ist Mann aber nicht in der Lage, seine gesellschaftlichen Einflüsse und Möglichkeiten dafür zu nutzen, daß genug für das geborene Leben getan wird.
Was zum Beispiel raten Sie einer alleinerziehenden, arbeitslosen Frau, die das vierte Kind bekommt? Es ist makaber, wenn Mann den Zeigefinger auf Frau richtet. Die Gesellschaft ist nicht so, daß Frauen dann nicht doch letztendlich die Alleingelassenen sind. Und solange das so ist, ist es letztendlich egal für betroffene Frauen, ob der Embryo schon ein Mensch ist oder nicht. Die Situation bleibt die Gleiche.
Frauen sind in der Lage, selbst zu entscheiden und werden das verantwortlich tun, auch wenn Männer da anders denken. Und wenn Sie, Herr Credo, dahin tendieren, Abtreibung als Mord anzusehen, bedenken Sie wenigstens, daß das Austragen der Schwangerschaft, die nicht gewollt war, sozialer Mord für die Frauu sein kann, wenn sie zum Austragen gezwungen wird.
Also! Entweder Embryo oder Frau — ich würde sagen immer zu Gunsten der Lebenden (zum besseren Verständnis: der schon geborenen). Christine Meinhard,
Magdeburg
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