: Pflegen im Westen attraktiver
■ Erschwerniszulage für Pflegepersonal im Ostteil der Stadt schwer umzusetzen/ Senatsverwaltungen wollen neue Vorlage erarbeiten
Berlin. Ostberliner Pflegekräfte, die in der Intensivpflege oder im Operationsbereich tätig sind, sollen bis zu 300 Mark Erschwerniszulage bekommen. Dies verkündete der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) vollmundig Anfang der Woche auf einer Vertreterversammlung der AOK.
Doch was gedacht war, zumindest punktuell den anhaltenden Strom der Ostberliner Schwestern gen Westen zu bremsen, läßt sich so schnell nicht in die Tat umsetzen.
Dabei zeigte auch Diepgens Parteikollege, Gesundheitssenator Peter Luther, guten Willen und brachte gestern im Senat eine sogenannte Tischvorlage ein. Demnach wäre der Innensenator beauftragt worden, Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) aufzunehmen, Ziel: Die Anhebung des Gehalts der Pflegekräfte in Ostberliner Krankenhäusern auf das geltende Niveau in West-Berlin mit Rückwirkung zum 1. Juli 1991. Beschäftigte im Operations-, Anästhesie- und Intensivpflegebereich sollten, so die Vorlage, bereits vorab aus Mitteln der Krankenhäuser eine außertarifliche Funktionszulage erhalten. Und, so Luthers Plan: Über die städtischen Krankenhäuser im Westteil der Stadt soll ein Einstellungsstopp für Ostberliner Pflegekräfte verhängt werden.
Doch erwartungsgemäß fanddiese Vorlage beim Senat keine Zustimmung. Man habe durchaus die Notlage im Pflegebereich erkannt, hieß es dazu, wolle jedoch keine Präzedenzfälle schaffen. Ein Ausscheren Berlins aus der Tarifgemeinschaft, so die Befürchtung, hätte vor allem in von ähnlichen Problemen betroffenen grenznahen Gebieten für Proteste gesorgt. Immerhin forderte Diepgen den Innensenator auf, »kurzfristig zu klären«, welche Erschwerniszulagen überhaupt möglich seien. Er erwarte zudem, daß die Westberliner Kliniken keine Versuche unternehmen, aus der derzeitigen Situation zu profitieren (sondern statt dessen lieber selbst Operationssäle schließen. d. RedIn). Eine Arbeitsgemeinschaft aus Vertretern der Senatsverwaltungen Gesundheit, Soziales, Finanzen und Inneres soll bis zur nächsten Senatssitzung eine neue Vorlage erarbeiten.
Laut Bernd Köppl, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, tue der Senat jedoch nur eins: kostbare Zeit verstreichen lassen. Wenn er noch länger warte, »bricht alles zusammen«. In Absprache mit den Krankenkassen sei jetzt eine übertarifliche Zulage bis zum vollen Ausgleich des Lohnunterschiedes erforderlich. maz
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