: Aus NORA wird nun doch nichts mehr
■ Mecklenburg-Vorpommern steigt endgültig aus dem Projekt der Nordostdeutschen Rundfunkanstalt aus
Berlin/Potsdam/Schwerin. Endgültig im Mülleimer der Geschichte ist das Projekt der Nordostdeutschen Rundfunkanstalt (NORA) gelandet. Mecklenburg-Vorpommern will sich nach der Landtagsentscheidung tendenziell dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) und damit Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen anschließen. Brandenburg erwägt jetzt die Gründung einer eigenen Landesrundfunkanstalt, die mit Berlin »eng kooperieren« soll. In Schwerin will man sich noch bis nach der Sommerpause mit einem Votum für den NDR oder eine eigene Anstalt Zeit lassen. Letzteres würde für das Land aus finanzieller Sicht »Rundfunk-Schmalkost« bedeuten — zu wenig Gebührenaufkommen für zu große Schritte.
Dem Land Brandenburg geht es in dieser Hinsicht besser als den Norddeutschen. Neben der gegebenen Finanzierbarkeit wurde bereits in der Vorwoche im Landtag für die Verabschiedung eines Vorschaltgesetzes vorgesorgt. Zugleich hat das Land aber Berlin nicht völlig verprellt. Auf eine richtige Zweiländeranstalt hofft die Stadt noch immer. Senatssprecher Flämig erklärte, die Entscheidung Mecklenburgs sei »Kleinstaaterei im Rundfunkwesen«. Laut Flämig hat der Regierende Diepgen (CDU) unterdessen mit Brandenburgs Landeschef Stolpe (SPD) über den Rundfunk gesprochen, Vereinbarungen gab es nicht. Weitere Klärung erwartet Diepgen vom heutigen Treffen der Ministerpräsidenten in Bonn.
Flämig wollte nicht sagen, ob sich der Senat bereits auf eine Ein- oder Zweiländeranstalt festgelegt habe. Man freue sich, daß das ZDF entschieden habe, sein Frühprogramm im Wechsel mit dem WDR von Berlin aus zu senden. Bleibt die Frage, was die Menschen im Nordosten im neuen Jahr hören und sehen können, wenn die Ostberliner »Einrichtung« — Rundfunk und Fernsehen der Ex- DDR — abgewickelt und aufgelöst ist. Es droht die große Ätherdämmerung. Der Berliner Senat kann sich mit dem SFB auf eine voll funktionstüchtige, wenn auch für das Land überdimensionierte Rundfunkanstalt berufen. Dort muß man sich jetzt langfristig auf Personalabbau einstellen. Rundfunkrats-Chefin Gabriele Wiechatzek (CDU) gibt dem SFB wenig Chancen als reiner Stadtsender. In Brandenburg ist man sich sicher, daß die Landesrundfunkanstalt in Babelsberg bereits im Herbst Fernseh- und Hörfunkprogramme ausstrahlen kann. Allerdings bedeutet dies nicht, daß die beliebte »Antenne Brandenburg« — vom Rundfunkbeauftragten Mühlfenzl schon teilabgewickelt — fortgeführt wird.
Aus dem NDR war zu vernehmen, daß die Freude auf die Mecklenburger nach der »quälenden Vorgeschichte« nicht mehr »ungetrübt« sei. Die Zeit der Anfangseuphorie und der großen Angebote ist vorbei. Grace Pönitz/adn/taz
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