: Warten auf den Wasserwagen
12 Uhr mittags an einer slowenische Zollstation ■ Von Heide Platen
Gornja Ragona (taz) — Mittags, 11.30 Uhr, an der Zollstation von Gornja Ragona, die aussieht wie eine kleine Tankstelle. Drinnen sitzt die slowenischen Milica, die Polizei, die hier schon immer die Grenze kontolliert hat.
„Wir gehören hierher!“ sagen die Beamten trotzig. Und sie werden auch nicht weichen, wenn die Zentralregierung noch einmal versuchen sollte, sie zu vertreiben. So lautet sein Befehl, sagt Kommandeur Anton Zinko, und die gelassene Stimmung weicht der Entschlossenheit in den Gesichtern seiner umstehenden Kollegen. Vorher allerdings muß er sich telefonisch erkundigen, ob er das auch sagen darf. Wieso denn nicht, fragt einer der Reporter, die hier pünktlich zum Ablauf des Ultimatums eintreffen. Das hier sei doch eine Demokratie, oder? Zinko lacht schallend: „Sagen Sie das mal den Serben!“
Auf der Straße tut sich nichts, der Reiseverkehr ist spärlich. Aus den Fenstern sind die neuesten Radionachrichten zu hören. Punkt 12 Uhr dreht der Wasserwagen der örtlichen Feuerwehr eine Ehrenrunde um die Zollstation und besprengt die heiße Straße. Tauben watscheln darüber, die Menschen sitzen im Schatten der Caféhäuser. Das österreichische Militätflugzeug, das wenige Minuten vorher eine Schleife über der Grenze drehte, wird zum einzigen Medienereignis.
Im Zollhaus liest ein Beamter emsig seinen Comic weiter, Porno schwarzweiß, Fortsetzung folgt. Er hat nicht einmal Zeit, auf die Uhr zu sehen, die auf blauem Grund mit roten Herzen für das heimische Heilwasser aus Radenska wirbt. Da läßt sich nebenbei gut Sprachen lernen: „Carina“ heißt „Zoll“.
Bei den Soldaten auf der österreichischen Seite macht sich allmählich die Langeweile breit. Die Besatzung des in Sichtweite des Übergangs unter Dorflinden eingegrabenen Panzers hört ebenfalls Nachrichten und erfährt auch kaum etwas Neues. Das ist einerseits beruhigend, andererseits dämmert es einem der Rekruten, die nebenan einen Guglhupf verspeisen, plötzlich: „Das kann ja noch Monate dauern!“ Das sehen die Soldaten der territorialen Verteidigung auf der anderen Seite der Grenze schon seit Tagen so.
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