: Polizei vor einem Berg von Schußwaffen
Berlin. Berlin rüstet auf. Seit dem Ende des alliierten Verbotes am 3. Oktober 1990, ist in der Stadt die Nachfrage nach Waffen explosionsartig gestiegen. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei gingen seitdem bei der Polizei 1.500 Anträge auf einen Waffenschein ein, 15.000 Personen wollten sich den Besitz einer Waffe erlauben lassen. Zudem muß die zuständige Dienststelle zur Zeit 12.000 sogenannte Waffenrechtsvorgänge bearbeiten, je zur Hälfte aus den Altbundesländern und Ost-Berlin. Darunter fallen Waffen, die im Ostteil der Stadt bei Vereinen, Film- und Theaterbetrieben aufbewahrt und genutzt werden und noch nicht erfaßt sind. Es handelt sich teilweise um funktionsfähige Kriegswaffen, die als Requisiten genutzt werden.
Die Antragsflut hat zu einem Bearbeitungsrückstand von sieben Monaten geführt. Eine Überprüfung der rund 70 Schießstände in der Stadt und der Waffenhändler sowie die Vorkontrolle bei rund 120 Klein- und Großfeuerwerken jährlich wird überhaupt nicht mehr durchgeführt. Die fünf Fachkräfte der Dienststelle für Ordnungsaufgaben des Waffen-, Jagd- und Sprengstoffrechts fühlen sich überlastet. Sie sind mittlerweile, so der GdP-Vorsitzende Burkhard von Walsleben, total demotiviert und fühlen sich allein gelassen. Wegen der Überlastung würden ca. 280 Ordnungswidrigkeitsverfahren unbearbeitet in den Schreibtischen lagern, Beschwerden von Antragstellern, Dienstaufsichtsbeschwerden und Untätigkeitsklagen würden sich häufen. Die GdP fordert die Einrichtung von zusätzlich 15 Planstellen, um die Antragsflut fristgerecht bewältigen zu können. Dies entspräche dem Standard westdeutscher Großstädte. Dadurch ließen sich zudem Einnahmen aus Gebühren und Bußgeldern in Höhe von 1,5 Millionen Mark jährlich erzielen.
Trotz der großen Zahl unkontrollierten Waffenbesitzes ist bei der Polizei noch kein Anwachsen des Schußwaffenmißbrauchs zu verzeichnen. Allerdings wird seit dem Wegfall der alliierten Verbote ein Anstieg des Gebrauchs von Gas- und Schreckschußwaffen registriert. dr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen