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Rumäniens posttotalitäre Unübersichtlichkeit

Gründung der Bürgerallianz-Partei/ Demokratische Kräfte bündeln/ Nationalismus als gemeinsamer Nenner  ■ Aus Bukarest William Totok

Fänden jetzt Wahlen statt in Rumänien, dann erhielten die Kandidaten der regierenden Front zur Nationalen Rettung nur noch rund 30 Prozent der Stimmen. Die „historischen“ Parteien , die Christdemokratische Nationale Bauernpartei und die Nationalliberale Partei bekämen lediglich je acht Prozent. Die rechtsextremistische „Vatra Romanesca“ jedoch 16 Prozent, ebensoviele auch die außerparlamentarische Bürgerallianz, die sich am Wochenende in eine Partei verwandelt hat, zu deren Vorsitzenden der bekannte Litaturkritiker Nicole Manolescu (52) gewählt wurde.

Zur Gründung und gesetzlichen Registrierung einer Partei braucht man in Rumänien 251 Unterschriften. Gerade diese überaus liberale Bestimmung ermöglichte die Gründung von über 200 Parteien. Andererseits begünstigt die Front die politische Aufsplitterung, um das eigene Machtmonopol aufrechterhalten zu können. Die fehlende Bereitschaft einer objektiven Vergangenheitsbewältigung sowie die unpopulären Privatisierungsversuche, verbunden mit einer galoppierenden Preissteigerung, trugen der Roman-Regierung einen empfindlichen Prestigeverlust ein. Die heterogene Front, die sich krampfhaft darum bemüht, als sozialdemokratische Partei anerkannt und in die Sozialistische Internationale aufgenommen zu werden, driftet zusehends auseinander. So verließen eine sogenannte „Sozialdemokratische Front zur Nationalen Rettung“ sowie eine „Front 20.Mai“ die von Premier Roman geführte Front. Beide Formationen werfen Roman Verrat am ursprünglichen Programm vor.

Der einzige gemeinsame Nenner, der fast alle Parteien und Bewegungen zu verbinden scheint, ist der Nationalismus. Ihm widersetzt sich niemand. Die Zeitung der umgetauften Kommunisten, 'Socialistul‘ (Der Sozialist), wird von denselben Leuten gemacht, die federführend in der rechtsradikalen 'Romania Hare‘ oder in der antisemitischen Hetzgazette 'Europa‘ sind. Diese merkwürdige Verwischung ideologischer Grenzen sorgte bereits vor der Gründung der KP-Nachfolgerin für Aufregung, als die antisemitische 'Europa‘ den Programmentwurf der Wendekommunisten veröffentliche und parallel dazu eine Rehabilitierungskampagne der verhafteten Ceausescu-Politgrößen und Securitateleute startete.

Die traditionellen Parteien gründeten nach dem Motto „Einheit in der Vielfalt“ im vergangenen Jahr ein „Antiautoritäres Demokratisches Forum“, als Voraussetzung zur Schaffung eines gemeinsamen „Aktionsblocks“, um bei den nächsten Wahlen zusammen anzutreten. Seit April unterstützt auch die Bürgerallianz diesen Block. Die Umwandlung der Bürgerallianz in eine moderne, demokratische Partei, nach dem Vorbild ähnlicher osteuropäischer Bewegungen, löste bei den „historischen“ Parteien mehr als eifersüchtiges Mißtrauen aus. Die Bürgerallianz versucht durch ein glaubwürdiges soziales und wirtschaftliches Alternativprogramm, die durch die Front aufrecht erhaltenen stalinistischen Strukturen zu zerstören, widersetzt sich aber auch mehr oder weniger erfolgreich dem verheerenden populistischen Nationalismus. Angesichts der nationalen Radikalisierung der zweitstärksten im Parlament vertretenen Partei, dem Demokratischen Verband der Ungarn, gerät aber auch die um einen ethnischen Ausgleich bemühte Bürgerallianz in Argumentationsschwierigkeiten. Sogar aus den eigenen Reihen waren kürzlich Stimmen zu hören, die „Führer“ für Rumänien forderten, in deren „Adern rumänisches Blut fließt“. Siebzehn weitere „Oppositionsparteien“ hatten sich nach dem Modell der „historischen Parteien“ zum „Landesverband für den Sieg der Revolution“ zusammengeschlossen.

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