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Graf Lambsdorff gibt sich als Über-Möllemann

■ FDP-Chef Lambsdorff kritisiert Bundesregierung und verlangt Umkehr bei der Finanzpolitik/ Von einer Wende der FDP will er allerdings nicht sprechen

Bonn (taz) — Der FDP-Vorsitzende Graf Lambsdorff hat ein unübersehbares Signal gesetzt: Zwei Tage vor der Entscheidung des Kabinetts über den Haushalt 1992 verlangte er von der Bundesregierung eine finanzpolitische Umkehr. Der Bund müsse mit zusätzlichen Dauerbelastungen von rund 150 Milliarden Mark im Jahr rechnen — als Folgekosten der deutschen Einheit, aus Bürgschaftsverpflichtungen, aus der Schuldentilgung, dem Regierungsumzug nach Berlin und aufgrund großer Defizite bei der Reichsbahn/Bundesbahn.

Graf Lambsdorff, der seine Forderungen als einhellige Meinung im FDP-Präsidium bezeichnete, verlangte generelle Ausgabenkürzungen bei Bund und Ländern. Auch Einschnitte bei sozialen Leistungen sollen nicht ausgeschlossen bleiben. Es sei höchste Zeit zur Bestandsaufnahme, sagte Lambsdorff, dessen eingehende Bilanz von der SPD als „vernichtende Rundum-Kritik“ an der Finanzpolitik der Bundesregierung gewertet wurde. Lambsdorff gab sich aber zugleich optimistisch, daß die von Wirtschaftsminister Möllemann verlangte Subventionskürzung von zehn Millarden Mark für 1992 erreicht werde. Möllemann hatte mehrfach mit Rücktritt gedroht, falls das Einsparziel nicht erreicht werde.

Lambsdorff betonte mehrfach, die Strukturdaten seien derzeit schlechter als Anfang der achtziger Jahre. Damals hatte Lambsdorffs Kritik an der Finanzpolitik das Ende der FDP/SPD-Koalition eingeleitet. Einen solchen Vergleich lehnte Lambsdorff allerdings ab. SEITE 4

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