: Betrug mit Hütchen schwer nachweisbar
■ Polizei geht verstärkt gegen Hütchenspieler vor/ Aggressionen und Bandenrivalitäten nehmen zu/ Schießerei auf dem Kurfürstendamm/ Forderung: Schon das Spiel als solches soll strafbar sein
Berlin. Die Polizei greift jetzt verstärkt gegen die sogenannten Hütchenspieler durch. Bei einer Großrazzia am Montag auf dem Alexanderplatz waren erstmals 210 Beamte im Einsatz. Die dabei festgenommenen 51 Hütchenspieler sind seit gestern wieder auf freiem Fuß. 25 der zumeist jugoslawischen Staatsbürger haben laufende Asylverfahren, weitere 15 Jugoslawen waren nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung. Ihnen droht jetzt die Abschiebung in ihr Heimatland.
Das verstärkte Vorgehen der Polizei begründete die Sprecherin der Innenverwaltung, Martina Ernst, damit, daß die Glücksspieler zunehmend aggressiver gegenüber Passanten und Touristen werden. Es gehe darum, die Hütchenspieler von der Staße weg zu bekommen. Mittlerweile würden sich, so Martina Ernst, regelrechte Bandenkämpfe entwickeln, bei denen es auch Opfer gegeben habe.
Erst am vergangenen Wochenende, berichtete Polizeisprecher Peter Glaser, haben am Ku'damm zwei Araber auf Hütchenspieler geschossen, obwohl diese Auseinandersetzung nicht eindeutig auf interne Bandenrivalitäten zurückzuführen seien. Glaser bestätigte ebenfalls, daß jetzt häufiger Einsätze gegen die Glücksspieler gefahren werden. Doch dem Problem ist damit kaum beizukommen. Strafbar ist das Glücksspiel nur dann, wenn man Betrug nachweisen kann. Und das kann man wiederum nur, wenn nachweisbar die Kugel während des Spiels aus diesem genommen wird, was jedoch fast nie gelingt.
Im Zusammenhang mit der letzten Großrazzia hatte der Charlottenburger Wirtschaftsstadtrat Helmut Heinrich (CDU) gefordert, schon das Anbieten des Spiels unter Strafe zu stellen. Neben der abschreckenden Wirkung hätte das auch „ausländerrechtliche Konsequenzen“. Heinrich meint, daß man so asylsuchende Ausländer leichter abschieben könne.
Polizeisprecher Glaser wollte diesen Zusammenhang nicht hergestellt wissen. „Hier soll die Polizei das Feld den Experten, also der Justiz, überlassen“, sagte er zu Heinrichs Vorschlag. Justizsenatorin Jutta Limbach hat es inzwischen abgelehnt, einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundesrat einzubringen. Jedoch wünsche sich die Polizei Gesetze, so Glaser, die ein Einschreiten gegen das Glücksspiel ermöglichten. Es sei nicht sehr befriedigend, wenn man mutmaßliche Betrüger wieder entlassen müsse. Die Polizei will durch Aktionen mittels Lautsprecher umstehende Passanten über den spielerischen Betrug aufklären. Beinahe täglich, so Glaser, seien Beamte in den Einkaufsstraßen unterwegs. Wenn keiner mehr auf die Hütchenspieler hereinfiele, hätte man das Problem gelöst. anbau
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