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„Der Staat ist zu dumm für die RAF“

■ Explosiv. Thema: RAF-Auseinanderlegung, 22.00 Uhr, RTL plus

Antje Vollmers Eingangsthese war so banal wie provokant. Banal, weil 20 Jahre staatlicher Hochrüstung Attentate der Metropolenguerilla eben nicht haben verhindern können. Provokant, weil unaufgeregtes Nachdenken über „intelligente“, das heißt politische Auswege aus der Konfrontation zwischen Staat und RAF beim Gruselkabinett ihrer Ankläger nach wie vor ein Sakrileg darstellt. Vom „heißen Stuhl“ der Privatfunker verkündete Vollmer: „Der Staat ist zu dumm für die Herausforderung der RAF.“

Auf der anderen Seite nahmen Vertreter jener Politikerriege Platz, bei deren Auftritten die professionellen RAF-Fahnder (unabhängig von ihrer parteipolitischen Präferenz) regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Helmut Linssen, CDU-Fraktionsvorsitzender in Düsseldorf, Erika Steinbach-Hermann, CDU-MdB und vom Moderator aus unerfindlichen Gründen als „Expertin für Sicherheitsfragen“ vorgestellt, Gerhard Friedrich, CSU-MdB, über dessen Einlassungen (in seinem Interesse) der Mantel des Schweigens ausgebreitet werden soll. Nur soviel: Er hält die RAF-Inhaftierten für „Gefange de luxe“, hat wie seine Kollegen in den Zellen die Kommandozentrale der RAF ausgemacht und verlangt wie sie die „sofortige Auseinanderlegung“. In fünfzig Minuten bestätigten alle drei auf deprimierende Weise die These Antje Vollmers, die sich im übrigen über die „zweifelhafte Ehre“ wunderte, als Ersatzfrau für Hamburgs Verfassungsschutzchef Lochte die Forderung nach Zusammenlegung der Gefangenen auf dem „heißen Stuhl“ vertreten zu dürfen.

Ob 'Welt‘-Wadenbeißer Enno von Loewenstern seine Mitstreiter gegen die Dialogbefürworterin Vollmer an Denkfaulheit übertrifft, bleibt offen. Zu unübersehbar ist sein strategisches Interesse, wenn der Rechtsaußen zugleich Auseinanderlegung und Verteidigerüberwachung verlangt. Er verstieg sich zu der Behauptung, es gebe „keine bequemere Art, Anschläge zu steuern“, als aus den Hochsicherheitstrakten. Jeder wisse, „wer da hin und her läuft und den Briefträger macht“. Und schon war sie wieder da, die These von den anwaltlichen RAF- Kurieren, die in der 'Welt‘ zu verbreiten das Landgericht Hannover Loewenstern gerade gerichtlich untersagt hatte. Gerd Rosenkranz

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