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Altägyptische Tradition für unsere Straßen

■ Bürgerversammlung zu den Straßenumbenennungen in Friedrichshain/ Rückbenennung der Leninallee in Landsberger Chaussee empört die Anwohner/ Sie wollen die Erinnerung an ihren Lenin

Friedrichshain. In Luxor könne man sich ansehen, was bei politischer Bilderstürmerei herauskomme, mahnte Werner Schädlich, ehemaliger Angestellter im DDR- Außenministerium. Schon der Nachfolger der altägyptischen Königin Hatschepsut merzte nach ihrem Tod alles aus, was an die unliebsame Vorgängerin erinnern könnte. Die Friedrichshainer Straßenumbenennungskommission solle sich überlegen, in welche Traditionen sie sich stelle, wenn sie die Leninallee und den Leninplatz umbenennen wolle. Schädlich erntete mit diesem Vergleich anhaltenden Beifall der Bürgerversammlung, die am Mittwoch abend in Friedrichshain stattfand.

Die ehemals zu der Garnisonsstadt Alt-Landsberg führende Landsberger Chaussee solle eventuell ihren alten Namen wiedererhalten, berichtete der Vositzende der Kommission und Friedrichshainer Baustadtrat, Gerd Hannemann (CDU). Für den Leninplatz seien Namen wie Friedens- oder Europaplatz im Gespräch. »Ich persönlich schließe mich dem Vorschlag an, den Platz in ‘Platz der vereinten Nationen‚ umzubenennen.« Einig sei sich die Kommission über die Rückbenennung des Kotikowplatzes in Petersburger Platz, der Timbaudstraße in Rüdersdorfer und der Babeufstraße in Fredersdorfer Straße. Über die Bersarinstraße sowie die Straße der Pariser Kommune werde noch diskutiert. »Die Karl-Marx-Alle behält auf jeden Fall ihren Namen.«

Die etwa 150 Anwesenden wandten sich vehement gegen die Umbenennungen. Im Westteil der Stadt gebe es genug Straßen, die nach politisch mindestens genauso fragwürdigen Persönlichkeiten benannt wären. Die Namen von Herrschern wie den Hohenzollern, Politikern wie Bismarck und Adenauer, Militärs wie Schlieffen, Moltke oder Großgörschen dürften weiterhin ungestraft Straßenschilder zieren.

Den Worten Hannemanns, Leninallee und Leninplatz seien als Orte für ganz Berlin von Bedeutung und er habe bereits zahlreiche Briefe von Berlinern aus anderen Stadtteilen erhalten, die nicht länger mit Lenin als Namensgeber leben wollten, glaubte niemand so recht. Auch mit der propagierten Entideologisierung von Straßennamen hätte das Unternehmen wenig zu tun. Die Regierenden müßten endlich einmal damit aufhören, alles umzubenennen, was in ihre jeweiliges Weltbild nicht passe. Einer plädierte dafür, das für die Umbenennungen notwendige Geld in soziale Projekte wie die Finanzierung von 95 Pflegestellen im Krankenhaus zu verwenden.

Über Lenins historische Wertigkeit sei außerdem noch gar nicht entschieden, betonte eine Historikerin. »Lenin, das ist doch auch Rapallo, das sind die Thesen von der friedliche Koexistenz der Völker.« Die AnwohnerInnen sammelten während der Veranstaltung 122 Unterschriften gegen die Umbenennung. »Es sollen die über den Platz entscheiden, die ihn aufgebaut, gepflegt und mit Leben gefüllt haben!« wurde gefordert. Der Platz sei von vornherein als Leninplatz konzipiert gewesen und stehe unter Denkmalschutz, betonte Karl-Heinz Kallweit, PDS- Vertreter in der Kommission. Der Journalist Klaus Westendorf war schließlich der Meinung, wer es nicht ertragen könne, am Leninplatz zu wohnen, »der soll doch in den Wendehalsweg in Berlin 47 oder in die Spießergasse in Berlin 27 ziehen!«. cor

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