: Das Geld, der Glaube und das Rätsel
■ „Im Reich des Bösen“, Di., 19.30 Uhr, ZDF
Der ideologische Zusammenbruch Osteuropas hat ein weltanschauliches Vakuum hinterlassen, das alle bekannten religiösen Vereinigungen zu füllen trachten. Der osteuropäische Religionsmarkt boomt. Für die Bewegung um den Koreaner Sun Myung Mun ist Religion aber nur ein Aushängeschild. Das Mun-Imperium besteht aus einem weltweiten kulturell-religiös-wirtschaftlichen Netz. Unzähligen Deckorganisationen gehören Zeitungen und TV- Produktionsstätten. Abgehalfterte Politiker scharen sich um den Theokraten, der von sich behauptet, ohne ihn wäre Reagan nie Präsident geworden. Das hat Jürgen Roth in seiner über weite Strecken interessanten und differenzierten Reportage gut herausgearbeitet.
Mit seinem auf zwei Milliarden Dollar geschätzten Vermögen arbeitet der Religionsführer an der weltweiten Ausmerzung des Kommunismus. Er ist daher ein gern gesehener Gast im Vatikan und erkaufte sich mit seinen harten Dollars selbst eine Audienz im Kreml bei Gorbatschow. Geplant hat er sogar ein Konkurrenzunternehmen zur UNO.
Wie nun der Koreaner die Verbindung zwischen Religion und Hochfinanz bewerkstelligt, blieb nach 45 Minuten leider doch ein Rätsel. Befragungen von ehemaligen Sektenmitgliedern und ausgestiegenen Mitarbeitern der oberen Etagen blieben diesbezüglich unkonkret und ergebnislos. Was genau tun die weltweit 500.000 Mitglieder, damit ihr Guru stinkreich wird?
Bezüglich der „Scientology- Church“ oder den Anhängern des verstorbenen Bhagwan existieren gerade hier konkrete Erkenntnisse. Daß die reaktionär-lustfeindliche Mun-Bewegung gefährlicher ist, weil sie diskreter und wohl auch differenzierter vorgeht, konnte man sich zwar denken, wurde aber nicht klar genug herausgearbeitet. Die von einem Ex-Muni geäußerte Erklärung, das Mun-Vermögen sei erbettelt, ist schlichtweg Unsinn. Auch die Befragung des deutschen Pressesprechers der Vereinigungskirche sollte dies bestätigten, die Kirche selbst sei bettelarm. Von Reverend Mun inspirierte Geschäftemacher hingegen würden schon ganz gut verdienen. Hier sollte der Eindruck erweckt werden, die Kirche hätte nichts mit den finanziellen Transaktionen zu tun.
Ist Mun nur der patriarchische Kopf eines florierenden Wirtschaftsunternehmens? Wozu dann der religiöse Unterbau? Ist die Mun-Sekte eine Art Mafia? Zugegebenermaßen interessante Informationen über die wirtschaftliche Verflechtung erwecken leicht den Eindruck, daß alles klar wäre. Offen blieb, wie der osteuropäische Markt erobert werden soll. In einer professionell dicht gewobenen Reportage ist es eben einfacher, mit seriösen Fakten zu klotzen, als Fragen offen zu lassen. Jürgen Roths Ansatz ist indessen zwar ein wichtiger, doch nur ein erster Schritt zur Aufdeckung der Mun-Machenschaften. Manfred Riepe
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