: Gegendarstellung
■ betr.: "Was will der Westprof sagen", taz vom 2.8.91
betr.: „Was will der Westprof sagen“, taz vom 20.8.91
1.Unzutreffend ist die Behauptung, daß sich die Greifswalder StudentInnen nicht aus der Reserve locken ließen.
Wahr ist vielmehr, daß sie — wie der Rest des „DDR“-Volkes — über gar keine Reserven verfügen!
2.Ebenso unwahr ist die Behauptung die Mitarbeiter des Instituts für Deutsche Philologie machten einen ziemlich lädierten Eindruck.
Wahr (und durch das Ihrem Bericht beigefügte Bild eindrucksvoll dokumentiert) ist vielmehr, daß sie lädiert sind.
3.Falsch ist die Aussage, daß die Mitarbeiter besagten Instituts pünktlich um halb fünf wie alle anderen Feierabend machen.
Im Gegenteil. Etwa (also nicht pünktlich!) um diese Zeit fangen sie erst an, und zwar nicht im Institutsgebäude (vergleiche Foto), weil dort außer Professor Knopf und dem Hausmeister überhaupt keiner einen Arbeitsraum besitzt, sondern zu Hause oder in einer der zahlreichen Studentenkneipen, über die Ihr Bericht berichtet.
4.Unrichtig ist die Aussage, der Greifswalder Kollege des Herrn Professor, dem er den Ruf in den Wilden Osten verdankte, habe sich in dieser Zeit in den Vereinigten Staaten zur Weiterbildung aufgehalten.
Wahr ist, daß er einen Lehrauftrag an der Universität Utah wahrnahm, während Prof.Knopf, dank großzügiger(?) Unterstützung durch den DAAD, zu ethnologischen Studien in Pommern weilte (siehe Bericht).
5.Falsch ist die Behauptung, daß Brecht in seinem Gedicht Die neue Mundart die Zwiebel als Sexualsymbol benutzt habe.
Richtig ist vielmehr, erstens, daß er überhaupt alle Symbolik ablehnte 1 und darauf drang, einmal den Unterschied zwischen Symbol und Gleichnis (zu) erklären2, und zweitens, daß er die Zwiebel (die bekanntlich beim Essen in den Mund gesteckt wird [vgl.Mundart!) als plebejisches Lebensmittel und revolutionäres Element außerordentlich schätzte.3 Michael Gratz, Greifswald
1 „Ich kann nicht viel anfangen mit Symbolik“ (Schriften zur Literatur und Kunst II, Aufbau 1966, S.317).
2 „da diese Armen alles symbolisch nehmen, in: Brecht, Briefe 1913-1956, Aufbau 1983, S.505
3Vgl. das Gedicht „Der große Oktober“ (1938):
Die die Zwiebel steckten im Frühjahr/Taten es nicht für sich selber. Der Sommer/ Beugte sie tiefer. Noch die Ernte/ Ging in die Scheuern der Herren. Aber der Oktober/ Sah das Lauch schon in den richtigen Händen!/Seitdem/ Hat die Welt ihre Hoffnung.
(Aus: Gedichte 2. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe Bd. 11. Hg. Jan Knopf. Aufbau/Suhrkamp 1988, S.45f.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen