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Kippt die Weltbank ein Großprojekt?

Erfolg für Thailands Umweltbewegung: Entscheidung über Kredite für Pak-Mun-Staudamm vertagt  ■ Von Uwe Höring

Die thailändischen Bauarbeiter verweigerten die Arbeit. Ein Ausländer mußte den Bulldozer fahren, der das Heiligtum der Flußgeister, das dem Großstaudamm Pak Mun im Wege stand, beiseite räumen sollte. Auch die Finanzierung des Projekts, das der Stromversorgung der wachsenden Industrie Thailands dienen soll, sollte mit ausländischem Kapital gesichert werden. Doch die Entscheidung über einen ersten Weltbank- Kredit in Höhe von 20 Millionen US- Dollar wurde jetzt in Washington auf unbestimmte Zeit verschoben. Zahlreiche Umwelt- und Entwicklungsorganisationen hatten kritisiert, daß Studien über die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Großprojekts fehlen.

Selbst die offizielle US-Entwicklungsagentur US-Aid hatte bemängelt, daß „die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ausreicht als Entscheidungsgrundlage“. US-amerikanische Umweltschutzorganisationen wie Environmental Denfense Fund, Sierra Club und Greenpeace urteilten, daß die Entscheidungsverfahren die Weltbank-Politik „flagrant verletzen“.

Stumm blieben dagegen bislang die entwicklungspolitischen Entscheidungsträger in Bonn, die als drittgrößter Kapitaleigner der Weltbank eine gewichtige Stimme bei den Abstimmungen haben. Trotz der heftigen Kontroversen haben sie bislang keine eigene Position formuliert, bei dem jüngsten Verschiebebeschluß hängten sie sich einfach an die US-Position an.

Geheimniskrämerei und Irreführung kennzeichnen die Politik des Bauherrn, der thailändischen Energiebehörde Egat. Das Ausmaß des Stausees und damit der Umsiedlung der Bevölkerung aus dem fruchtbaren Tal des Mun-Flusses, des wichtigsten Zuflusses für den Mekong, sind völlig ungeklärt. Sind es nun wenige hundert Familien, wie Egat behauptet, oder mehrere tausend, wie die Gegner des Projekts befürchten, die weichen müssen?

Umweltschützer erwarten zudem schwere ökologische Schäden. Sie fordern, daß anstelle der Steigerung der Energieproduktion Projekte zur Energieeinsparung gefördert werden. Der Kaeng-Tana-Nationalpark und das Pa-Lan-Phe-Naturschutzgebiet werden teilweise überflutet werden. Die Straße zum Staudamm führt mitten durch den Nationalpark, und würde damit zum ökologisch zerstörerischen Einfallstor für landsuchende Kleinbauern.

Durch Zerstörung der Laichplätze könnte der Fischbestand bis weit flußabwärts in den Mekong vernichtet und damit die Nahrungsmittelversorgung für Millionen Menschen gefährdet werden. Und außerdem wird die Fließgeschwindigkeit verlangsamt, so daß Wasserschnecken, Zwischenträger der Bilharziose, den Fluß hinaufwandern könnten, was nach Aussage von Biologen zu einer explosionsartigen Ausbreitung der gefürchteten Krankheit führen würde. Die bisher vorliegenden Umweltverträglichkeitsprüfungen sind in diesen Fragen völlig unzureichend.

Am Pak-Mun-Staudamm entzündete sich die bislang größte ökologische Protestbewegung in Thailand. Mehrfach kam es in den vergangenen Monaten zu Demonstrationen, Konflikte mit der Polizei waren die Folge, weil Proteste und Versammlungen seit dem Militärputsch im März verboten sind. Bis Mitte März hatten die Gegner 12.000 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt.

In dem dicht besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Gebiet gibt es wenig Land für eine Umsiedlung. Die Egat bietet ausgerechnet dort Ersatzfelder an, wohin bereits früher Umsiedler eines anderen Staudamms verschoben wurden — und die sich zudem als ungeeignet für die Landwirtschaft erwiesen haben. Die meisten Betroffenen weigern sich daher grundsätzlich, ihr Land aufzugeben. Trotzdem meinte die Weltbank bislang, die Umsiedlungspläne der Egat seien „akzeptabel“.

Die Möglichkeit zu einem Gespräch mit den Staudammgegnern hat die Weltbank nun am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Bangkok Mitte Oktober. Die Militärregierung hat allerdings schon angekündigt, öffentliche Proteste zu unterbinden, damit die Gelegenheit, das „Ansehen des Landes in den Augen der internationalen Gemeinschaft“ zu steigern, nicht gestört wird.

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