: Asyldebatte mit Hoyerswerdaer Charme
■ Im Vorfeld des Allparteiengesprächs verabschiedete die SPD gestern ihre Leitlinien zum Thema Asyl
Das Präsidium der SPD hat gestern die Leitlinie der Partei für das sogenannte Allparteiengespräch über Asylfragen am kommenden Freitag beim Bundeskanzler vorgegeben. Danach sollen der Asylartikel 16 und die Rechtswegegarantie des Artikel 19 Grundgesetz nicht geändert, dafür aber die Asylverfahren teilweise erheblich gestrafft werden. Für Aussiedler soll, so Parteichef Engholm, eine „großzügige Abschlußregelung“ gefunden werden. Die Parteispitze segnete damit Vorschläge ab, die eine vom Parteivorstand eingesetzte Kommission unter der Leitung der stellvertretenden Vorsitzenden Herta Däubler- Gmelin erarbeitet hatte.
„Eine drastische Verkürzung und Vereinfachung der Verfahren im Verwaltungsbereich“, so umschrieb gestern in Bonn Herta Däubler-Gmelin die sozialdemokratischen Vorstellungen. Dies sei notwendig, um die Aufenthaltsdauer der Bewerber erheblich zu verkürzen und „offensichtlich politisch nicht verfolgte“ Zuwanderer erst gar nicht auf die Gemeinden zu verteilen. Um dies zu erreichen, schlägt das SPD-Präsidium vor allem vor, die Verwaltungsverfahren in einer Bundesbehörde zu konzentrieren. Bisher betreiben sie das Bundesamt für die Anerkennung politischer Flüchtlinge in Zirndorf und die Ausländerbehörden der Länder. Ein nochmals extra verkürztes Verfahren soll es für jene Bewerber geben, die aus Ländern kommen, in denen „nach allgemeiner Übereinstimmung“ politische Verfolgung derzeit nicht stattfände. Dafür, so Herta Däubler-Gmelin, sei es sinnvoll, eine „den Zwängen der Tagespolitik“ nicht ausgesetzte Stelle zu schaffen, die Kriterien erstellt, aus denen sich ergibt, daß in bestimmten Ländern keine politische Verfolgung stattfindet. Bescheidet die Behörde einen Bewerber abschlägig, so soll er nach den Vorstellungen der SPD lediglich eine Woche Zeit haben, um dagegen vor Gericht Rechtsmittel einzulegen. Gewährt ihm auch der Richter kein Bleiberecht, so muß der Bewerber Deutschland sofort verlassen. All dies soll in den sogenannten offensichtlich unbegründeten Fällen in vier bis höchstens sechs Wochen abgeschlossen sein. Um dies alles möglichst schnell und reibungslos durchführen zu können, plädiert die SPD dafür, Flüchtlinge während der ersten sechs Wochen des Verfahrens in „Gemeinschaftsunterkünften“ unterzubringen. Die „offensichtlich unbegründeten Fälle“ sollen dort bleiben, bis sie abgeschoben werden, die übrigen höchstens sieben Wochen. Danach will die SPD sie auf die Gemeinden verteilen. Herta Däubler- Gmelin bestand vor der Presse darauf, daß diese Gmeinschaftsunterkünfte etwas anderes seien als Sammellager. Mehr als 500 bis 700 Bewerber dürften darin nicht untergebracht werden. Freilich forderte sie auch, daß dort „Sachleistungen Vorrang haben vor Bargeldzahlungen“. Für die Aussiedler schlug Björn Engholm eine „großzügige Abschlußregelung“ vor. Hierfür sollte die Bundesregierung öffentlich anerkennen, daß es einen Vertreibungsdruck für die Gruppe der Deutschstämmigen nicht mehr gebe. Für einen Antrag auf Einreise als Aussiedler sollte ein Schluß-Stichtag eingeführt werden.
In dem Gespräch über Asyl am kommenden Freitag beim Bundeskanzler werden sich ganz unterschiedliche Positionen gegenüberstehen. Die CDU- und CSU-Politiker innerhalb der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen fordern geschlossen, daß der Artikel 16 des Grundgesetzes eingeschränkt wird. Die meisten FDP-Politiker — wie etwa Justizminister Kinkel — sind dagegen. Ferdos Forudastan, Bonn
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