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Sonderaussschuß zur Abtreibung geplant

■ Regierungskoalition und SPD sind sich einig: Unter Vorsitz der Union sollen dort mehrheitsfähige Vorschläge für Paragraph 218-Reform ausgearbeitet werden/ DGB-Frauenforum lehnt Strafrecht ab

Bonn (afp/dpa) — Der Bundestag soll einen Sonderausschuß zum Abtreibungsrecht bilden. Darüber sind sich Koalition und SOD einig. Eine entsprechende Empfehlung wolle die Koalitionsspitze den Fraktionen von CDU/CSU und FDP geben, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion , Friedrich Bohl, gestern. Hauptaufgabe des Ausschusses, unter Unionsvorsitz, solle sein, die in der Koalition unterschiedlichen Vorstellungen über die flankierenden Sozialmaßnahmen zum §218 anzupassen. SPD-Fraktionschef Hans-Jochen Vogel hingegen sagte, dieses Gremium sollte eine Mehrheitsvorlage zur Reform des Paragraphen 218 erarbeiten. Als „bedrückend“ bezeichnete er, daß der Unionskompromiß auf Verlangen von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) das Prinzip „Hilfe statt Strafe“ in sein Gegenteil verkehre und an Strafandrohungen festhalte. In dem Modell fehlten unter anderem die zunächst auch von der Union vorgesehenen Hilfen für Alleinerziehende, die kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln und ein sofortiger Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Für die SPD sei die Frage, welche Mittel für solche Hilfen zur Verfügung gestellt werden, ein „Prüfstein“ für die Ernsthaftigkeit all dessen, was über den Schutz des vorgeburtlichen Lebens gesagt werde.

Die Teilnehmerinnen eines DGB- Forums verurteilten gestern einstimmig das Strafrecht als ungeeignetes Instrument zum Schutz ungeborener Kinder. Es sei auch juristisch zweifelhaft, ob sich der Staat in die persönliche Entscheidung über Elternschaft einmischen dürfe, gab eine Sprecherin des Deutschen Juristinnenbundes zu bedenken. Einen echten Kompromiß zwischen dem Recht der Frau und dem Lebensrecht des Kindes könne es dabei nicht geben, erklärte sie. Nach ihrer Meinung wäre es auch verfehlt, Positionen zur Reform des Abtreibungsrechts von vornherein an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 1975 zu messen. Das Gericht habe auch andere Urteilssprüche schon revidiert und es sei nicht sicher, daß der Spruch der Richter über eine Fristenregelung heute ebenso ausfallen würde wie vor 16 Jahren. Eine Strafandrohung für Abtreibungen sei nur dann diskutabel, wenn es ausreichende soziale Hilfe gebe. Eine Sprecherin der Katholischen Arbeitnehmerbewegung wehrte sich dagegen, daß jemand, der gegen das Strafrecht eintrete, dem Vorwurf ausgesetzt sei, auch gegen Lebensschutz zu sein. Eine Vertreterin der evangelischen Kirche plädierte dafür, die ethische Verantwortung zu stärken. Die Entscheidung für oder gegen ein Kind könne aber nur die Frau treffen. Im Konfliktfall sei das Strafrecht niemals hilfreich, sagte die Generalsekretärin der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland, Hildegard Zumach.

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