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Abschied vom Bischof

■ Gottfried Forck, umstrittener evangelischer Kirchenführer, scheidet am Montag aus seinem Amt

Berlin. Gottfried Forck, profilierter wie auch umstrittener evangelischer Kirchenführer aus der ehemaligen DDR, scheidet am Montag aus dem höchsten Amt der Kirche Berlin-Brandenburgs. Charisma und politisches Engagement prägten die Amtszeit des 66jährigen Theologen, der sein Leben eigentlich lieber als Seelsorger hatte einrichten wollen. Bei allem Einsatz für mehr Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit blieb die Bibel immer sein Mittelpunkt, auch gegenüber der SED. Forck wurde so zu einer unbequemen Figur »zwischen allen Stühlen«.

Die Tagespolitik holte ihn schnell ein, als er nach Albrecht Schönherr 1981 zum Bischof der damaligen Ostregion Berlin-Brandenburgs gewählt wurde. Konflikte von Friedens- und Umweltgruppen mit dem Regime, das Engagement für Antragsteller einer Ausreisegenehmigung, die unter Kirchendächern Schutz suchten, Verhandlungen für verhaftete Pfarrer und Schreiben an den einstigen DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph wegen Behinderung von Kirchenzeitungen oder zur Freilassung Inhaftierter gehörten dazu.

Nach der Wende war Forck bereit, Honecker in einem kirchlichen Altenheim aufzunehmen. Dafür mußte er Kritik selbst aus der Kirche einstecken. Der Repräsentant der friedlichen Revolution setzte sich dafür ein, SED-Funktionäre und Stasi-Mitarbeiter nicht zu verstoßen. Es gab auch Grauzonen. Forck mußte sich gegen den Vorwurf der »Komplizenschaft« mit dem SED-Staat wehren. Forck hatte zum Bleiben in der DDR aufgerufen. Die Ausreisewelle nannte er eine »Epidemie«. Forck wurde nachhaltig kritisiert, weil er 1988 von angeblichen Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR über ein Ausreisekontingent gesprochen haben soll. Nach der Wiedervereinigung mahnte Forck zu einer sozialeren Marktwirtschaft. Er kritisierte die Bundesregierung, zuviel versprochen und die Bedürfnisse der Ostdeutschen nicht genug beachtet zu haben. dpa

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