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Eurovision

Istvan Szabos neuer Film „Zauber der Venus“  ■ Von Oksana Bulgakowa

Im Jahr 1987 erzählte der Ungar Istvan Szabo dem Briten David Puttnam während des Festivals in Cannes, wie er den Tannhäuser in Paris inszeniert hatte, „um Beispiele für kreatives Chaos zu geben, in der Hauptsache aber, um ihn zum Lachen zu bringen“. Der Erfolgsproduzent Puttnam, zu diesen Zeitpunkt Produktionschef der Columbia, witterte darin eine neue Amerikanische Nacht. Von der Leichtigkeit Truffauts, von Humor oder gar kreativem Chaos ist in dem drei Jahre später entstandenen Film aber nichts zu sehen. Nur das Prinzip — Tag wird für Nacht ausgegeben — wurde beibehalten.

Der Schwede Josephson spielt einen Spanier, ein Tscheche einen Sachsen, die Französin eine Russin mit Vorliebe für georgische Lieder, die Amerikanerin Glenn Close eine Schwedin, und ein Däne aus Paris gibt einen Ungarn. Stimmen, Örtlichkeiten, Nationalitäten: alles geborgt. Die Pariser Oper wurde in Budapest gefilmt, die Welt ist Theater, und die Agierenden sind natürlich Schauspieler. Nur der Eiffelturm steht immer noch am rechten Ort, dafür eigens ausgeleuchtet.

Ein ungarischer Dirigent soll an der „Europa-Oper“ in Paris den Tannhäuser inszenieren. Ostler und Westler, Juden und Antisemiten, Homosexuelle und Heteros, Alt-Stalinisten und Neu-Dissidenten, Hochadel und Kleinbourgeoisie, Statisten und Stars, Bürokratie und Gewerkschafter, Öko-Freaks und deren lebendige Feindbilder — keine Subkultur fehlt. Alle Konflikte (zwischen Geschlechtern und Nationalitäten, zwischen Kunst-Kapital-Umwelt) brechen aus, um sich dann schleunigst im Musikzauber zu verlieren. Geprobt wird nicht Wagner, sondern das europäische Haus. Alles ist in (der) Wirklichkeit (des Films) noch viel einfacher als in seiner Nacherzählung. Der Traum, ein Gesamtkunstwerk als Lebenswerk zu installieren und die Realität nach den Kunstgesetzen der Harmonie auszusöhnen, siegt im Film trotz aller Brüche (die Romanze zwischen der Sängerin und dem Dirigenten ist hin, die Gewerkschaft streikt, kein Problem wird gelöst), doch Eurovision und Richard W. bringen sie alle wieder zusammen.

Auch die potentiellen Filmzuschauer sollen diesem überwältigenden Furioso erliegen. Den Kitsch und die Tränenseligkeit kann auch der leise ironische Unterton nicht wettmachen. Zauber der Venus geriert sich als der Eurofilm des Jahres, für den „Felix“ wie geschaffen. Puttnam und Szabo erklärten ihn zum „europäischen Experiment“, auf der „Suche nach einer organischen europäischen Form“. Gedreht wurde in englisch; „zunächst klammerte sich Szabo“ laut Presseheft „nervös an den Dolmetscher, dann stellte er fest, daß sich auch komplexe Ideen sehr direkt und unkompliziert vermitteln ließen“. Genauso ist der Film. Er bietet viele Spiegel an (Wagner — Tannhäuser — das 13., 19., 20. Jahrhundert), doch trotz all dieser Reflexionen, Schlüssel und Metaphern bleibt das Bild flach.

Die Einfachheit Szabos ist beinahe rührend. Einmal wurde er gefragt — es war kurz nach dem Erfolg von Mephisto, ob er nicht eine Oper inszenieren möchte. Daraufhin erzählte er die Geschichte vom Rotkäppchen, das gebeten wird, sein Kleidchen ein bißchen hochzuheben, damit man die Beine sehen könne. Man lobt das artige Kind, bis das Röckchen ganz oben ist und die Scham vergessen. „Wenn ich vor lauter Lob, wie schön meine Beine sind, ihre tatsächliche Häßlichkeit vergesse, dann gehe ich nach Paris, um dort eine Oper zu inszenieren.“ Das hat er nun zweimal getan. Auch Regisseure sind eben schwach.

Istvan Szabo: Zauber der Venus , mit Glenn Close und Niels Arestrup, USA 1991, 119 Min.

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