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Verstöße gegen Waffenstillstand

■ Trotz Waffenstillstand kommt es in Kroatien zu zahlreichen Gefechten/ Fünf Zivilisten sterben bei Kämpfen/ Serbische Polizei behindert Referendum in Kosovo

Zagreb/Belgrad (ap/afp/dpa) — Trotz zahlreicher Gefechte in verschiedenen Landesteilen wird von keiner Seite in Frage gestellt, daß der Waffenstillstand in Kroatien eingehalten wird.

Bei andauernden Gefechten in den umkämpften kroatischen Gebieten bei Nova Gradiska und zwischen Vinkovci und Vukovar sind fünf Menschen getötet worden, darunter drei Kinder. Die kroatische Nachrichtenagentur 'hina‘ meldete, in Karlovac, etwa sechzig Kilometer südlich von Zagreb, seien bei Mörserangriffen serbischer Freischärler ein alter Mann und drei Kinder getötet worden. Am Donnerstag abend seien innerhalb einer Stunde mindestens 70 Geschosse auf den Ort abgefeuert worden. Zwischen Pakrac, Novska und Nova Gradiska, in der Umgebung des Autobahnknotenpunktes Okucani, verbrachte die Bevölkerung nach fortdauerndem Beschuß und einem Luftalarm am späten Abend die Nacht in Luftschutzbunkern.

Auch um die ostslawonischen Städte Vinkovci und Vukovar dauern die Kämpfe an. Die Dörfer Torbinci, Koroc und Nustar, zwischen den beiden umkämpften Städten, wurden in der Nacht von Panzereinheiten der jugoslawischen Armee beschossen. In der Umgebung von Vukovar trafen 150 Truppentransporter der Armee ein, die Nationalgarde rechnete hier nach Angaben des kroatischen Hörfunks mit einer neuen „massiven Offensive“ der Armee.

Die Kämpfe in der Umgebung von Dubrovnik, an der dalmatinischen Küste, nahmen ebenfalls an Heftigkeit zu. Der Hafen Molunat und die umliegenden Dörfer wurden von einem Kriegsschiff aus beschossen.

Die Stadt Sisak, südöstlich von Zagreb, wurde 'hina‘ zufolge von 7.00 Uhr abends bis 1.00 Uhr morgens von serbischen Milizen mit Artillerie beschossen. Auf das Dorf Komarevo bei Sisak wurden den Angaben zufolge 30 großkalibrige Geschosse abgefeuert.

Im Kampf um die Kasernen der jugoslawischen Streitkräfte in Vukovar an der Grenze zu Serbien setzte Kroatien in der Nacht zu Freitag erstmals die neu aufgestellten Infanterieeinheiten der Nationalgarde ein, doch offenbar ohne Erfolg. An der neuen Front an der Grenze zwischen Kroatien und Montenegro an der Adria herrschte ebenso weitgehend Ruhe wie im übrigen Konfliktgebiet.

Die jugoslawische Nachrichtenagentur 'tanjug‘ berichtete jedoch über vereinzelte Feuergefechte in Bosnien-Herzegowina in der Nähe des Militärflughafens von Mostar.

In der zu 90 Prozent von Albanern bewohnten südjugoslawischen Provinz Kosovo ging nach Angaben der albanischen Opposition die geheime Volksabstimmung über die Ausrufung einer „selbständigen und souveränen Republik Kososvo“ weiter. Nach Darstellung der jugoslawischen Nachrichtenagentur 'tanjug‘ schritt die serbische Polizei wiederholt gewaltsam gegen dieses Referendum ein, indem sie Stimmzettel beschlagnahmte und einige Organisatoren festnahm. Die Abstimmung widerspreche der serbischen Verfassung, begründeten die Sonderpolizisten ihr Vorgehen.

Im Gesetzblatt der abtrünnigen jugoslawischen Republik Kroatien wurde am Freitag ein „Gesetz über die Verteidigung Kroatiens“ veröffentlicht und trat somit in Kraft. Darin wird den kroatischen Wehrpflichtigen untersagt, in der jugoslawischen Bundesarmee ihren Dienst abzuleisten. Stattdessen werden die jungen Männer in die kroatischen Streitkräfte einberufen.

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