PORTRAIT
: Ein Stasi-Opfer wird neuer sächsischer Innenminister

■ Sachsens Innenminister Krause (CDU) wirft das Handtuch/ Der Zittauer Landrat Heinz Eggert rückt an Biedenkopfs Seite

Dresden (taz) — Der Druck wurde zu groß: Am Wochenende gab Sachsens Innenminister Rudolf Krause (CDU) seinen Rücktritt bekannt. Hintergrund ist die seit diesem Sommer schwelende Auseinandersetzung um seine Kontakte zur Stasi. Zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik geriet Krause, der seit 1962 der CDU angehört und für die Blockpartei im FDJ-Zentralrat saß, durch sein zögernden Verhalten während der Ausschreitungen in Hoyerswerda. Ministerpräsident Biedenkopf, der sich noch bis vor kurzem öffentlich hinter seinen Innenminister gestellt hatte, ernannte den ehemaligen Zittauer Landrat und designierten Chef des Landesamtes für Verfassungschutz, Heinz Eggert (CDU), zu seinem Nachfolger.

Der Alte: Eine Altlast der CDU

Krauses Rücktritt ist nicht eigentlich überraschend. Er kam damit seiner Entlassung zuvor. Bei der für die nächste Zeit anvisierten Kabinettsumbildung sollte der Wende-Kader Krause aufgrund seiner Blockflöten-Vergangenheit und Führungsrolle bei der FDJ nicht mehr für einen Ministerposten nominiert werden. Seine Kritiker — auch Mitglieder des Reformflügels der sächsischen CDU — monierten, daß er als Chef des Innenressorts auch für den Aufbau der sächsischen öffentlichen Dienstes verantwortlich sei, was sich mit seiner früheren Funktionärstätigkeit nicht vertrage. Anlaß für seine sofortige Entlassung ist nun eine Empfehlung des Landtags-Sonderausschusses zur Überprüfung der Stasi-Vergangenheit, der, laut Information aus Landtagskreisen, eine aktive Tätigkeit Krauses für das MfS feststellen konnte. Krause, der zu den Vertrauten de Maizières gehört und als Landesbevollmächtigter des zu bildenden Landes Sachsens die Landtagswahl im Oktober 1990 vorbereitet hatte, bestreitet nach wie vor, Stasi-Informant gewesen zu sein. Wie alle anderen Regierungsmitglieder unterschrieb er eine Erklärung, nicht für das MfS gearbeitet zu haben. Krause leugnete in einer von ihm selbst initiierten Kampagne vor einigen Wochen jedoch nicht, Kontakte zur Stasi gehabt zu haben. Aufgrund seiner Position als Mathematiklehrer in einer Leipziger Oberschule sei er in den siebziger Jahren wiederholt „zitiert“ worden. Eine Anwerbung als Inoffizieller Mitarbeiter sei jedoch 1972 gescheitert. Ministerpräsident Biedenkopf bezeichnete Krause noch Anfang Juli als „unbelastet“ und erklärte, anderslautende Zeitungsartikel seien „wider besseren Wissens“ entstanden.

Zu Fall brachte Krause neben seiner Verstrickung in das alte System auch seine Haltung während der jüngsten Ausschreitungen gegen Ausländerheime. Die SPD-Fraktion im Dresdner Landtag warf im vor, das rechtsradikale Potential unterschätzt und ein zu kleines Polizeiaufgebot geschickt zu haben. Bündnis '90/Grüne warfen ihm vor, als Antwort auf die zunehmende Ausländerfeindlichkeit nur die Stacheldrahteinzäunung der Heime parat zu haben.

Der Neue: Aus der Opposition zur CDU

Krauses Nachfolger Heinz Eggert zählt hingegen zu denjenigen Politikern, die sich einer weißen Weste rühmen können und für einen gnadenlosen Umgang mit der Altlast DDR stehen. Im April hatte Rudolf Krause den Zittauer Landrat Heinz Eggert als seinen Mann für den Aufbau des sächsischen Verfassungsschutzes vorgestellt. Das sächsische Innenministerium wollte mit dem einstigen Pfarrer aus dem ostsächsischen Grenzzipfel Oybin Zeichen setzen für einen „transparenten und demokratischen Verfassungsschutz“. Eggert war selbst 16 Jahre lang bevorzugtes Spitzelobjekt der Stasi und schien wohl für den umstrittenen Geheimdienstaufbau im Freistaat die geeignete Integrationsfigur zu sein. Schon als Studentenpfarrer war er in der DDR-Opposition engagiert. Nach dem 89er-Herbst stand er an der Spitze des BürgerInnen-Komitees zur Stasi-Auflösung. Bald fand der bis dahin Parteilose zur CDU, um ihr, wie er sagte, den Rücken zu stärken. Der Spitzenkandidat seiner Partei zog nach den Kommunalwahlen als erster Mann ins Zittauer Landratsamt. Dort sagen ihm die Fraktionen eine konzentrierte kommunalpolitische Arbeit nach. Heinz Eggert war federführend an der Erarbeitung des Konzeptes für die Europa-Region Dreiländereck beteiligt. Als das Dresdner Innenministerium den Zittauer Landrat mit dem Aufbau des Landesamtes für Verfassungsschutz beauftragte, quittierten das die politischen Freunde aus Oppositionszeiten einerseits mit Kopfschütteln, andere knüpften daran aber auch Hoffnungen: „Gut, daß es Heinz Eggert macht, dann kommt wenigstens keiner aus Baden- Württemberg.“

Daß Kurt Biedenkopf als Nachfolger der Blockflöte Krause diesen aus der BürgerInnenbewegung in die CDU gekommenen Politiker nominierte, kann wohl als deutliches Zeichen für eine Erneuerung der krisengeschüttelten Partei verstanden werden. Eggert gehörte neben dem ebenfalls aus der Opposition ins Kabinett aufgerückten Arnold Vaatz zu den Unterzeichnern des Reformer-Briefes an CDU-General Rühe. Nana Brink/Detlef Krell