: Neuartige Nahrungsaufnahme
Die bemitleidenswerten Besucher von deutschen Betriebskantinen werden demnächst umlernen müssen: Joghurt oder Honig werden nicht mehr in Portionspackungen angeboten, sondern kommen aus dem „Spender“. Den Plastikbecher ersetzt die irdene Kaffeetasse, die der Betrieb jedem Mitarbeiter schenkt und die wie ein Augapfel gehütet werden muß. Sollten Speisen noch in Plastik- oder Alu-Behältern angeboten werden, so muß der Kantinengast die leeren Behälter nach dem Essen in entsprechende Sammelbehälter für Wertstoffe wie Aluminium, Pappe oder Plastik werfen. Dieses wunderschöne Zukunftsbild hat sich der Bundesverband Betriebsgastronomie ausgedacht. Hintergrund ist die Verpackungsverordnung des Bundes, mit der auch den Betriebskantinen in Deutschland spätestens Anfang 1993 ein umweltbewußtes Verhalten aufgezwungen werden soll. Die Aufgabe ist gewaltig. „Wir müssen versuchen, unsere Gäste zu erziehen“, weiß auch Verbandsgeschäftsführerin Roswitha Hirte. Der Bundesverband schätzt, daß in den alten Bundesländern in rund 12.000 Betrieben täglich etwa zehn Millionen Mitarbeiter versorgt werden. Das jährliche Warenvolumen in den Bereichen Nahrungsmittel, Süßwaren und Getränke wird auf über 20 Milliarden Mark beziffert.
Daß selbst kleinste Umstellungen in der Kantine einen riesen Ärger auslösen können, beweist ein Zwergenaufstand im rheinland-pfälzischen Parlamentsrestaurant, wo eine Veränderung auf der Getränkekarte zum Politikum wurde. Die eingeleitete Bier-Wende ließ den CDU-Abgeordneten Hans Tölkes schäumen. Das in seinem Wahlkreis Bitburg- Prüm gebraute Bitburger Pils ist durch Karlsberg-Bier ersetzt worden. „Unglaublich“, sagte Tölkes, der sich in dieser Angelegenheit schriftlich an Landespräsident Christoph Grimm wandte. Der Gerstensaft aus der Eifel sei „immerhin auch ein Sympathieträger für unser Land“. Statt „Bit“ werde jetzt ein saarländisches Bier ausgeschenkt. Tölkes wittert einen politischen Hintergrund. Der PR-Chef von Karlsberg habe lange Jahre als persönlicher Referent mehreren SPD-Fraktionsvorsitzenden in Rheinland-Pfalz gedient: „Das wird doch wohl nicht der Grund für die Bier-Wende nach der Landtagswahl sein?“, fragte der CDU-Mann.
Jeder Biertrinker muß wohl oder übel dem CDU-Parlamentarier recht geben: Rein vom Geschmack her schlägt Bitburger Pils das Radfahrerbier aus der Karlsberg-Brauerei um Längen. Karl Wegmann
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