Jugoslawien: Eine lockere Allianz souveräner Republiken

■ Vertreter Serbiens, Kroatiens und der Bundesarmee einigen sich in Den Haag auf eine neue Friedensinitiative/ Front noch 35 km von Zagreb entfernt

Belgrad/Den Haag (ap/dpa) — Die jugoslawische Bundesarmee scheint zu einem Abbruch ihrer Offensive in Kroatien bereit zu sein. Dies zumindest erklärte Verteidigungsminister Kadijevic bei einer Dringlichkeitssitzung der EG-Friedenskonferenz in Den Haag. Im Gegenzug müsse Kroatien die Blockaden der Kasernen auf kroatischem Gebiet beenden.

Neben Kadijevic waren die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Slobodan Milosevic und Franjo Tudjman, nach Den Haag gekommen.

Ihre neue Fiedensinitiative sieht neben der militärischen auch eine politische Lösung vor, ihr Ziel ist die Bildung „einer lockeren Allianz von souveränen Republiken“. Nach der Interpretation des niederländischen EG-Ratsvorsitzenden van den Broek beinhalte dies auch die Möglichkeit der Anerkennung der ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens. Als Hauptursache für die ständigen Verstöße gegen den vereinbarten Waffenstillstand sieht er vor allem die ungeklärte Lage der serbischen Minderheit in Kroatien. Ihre Vertreter sollen daher in der nächsten Woche zu Gesprächen nach Den Haag reisen.

Das Einlenken der Bundesarmee kam überraschend: Nur wenige Stunden zuvor hatte der stellvertretende Vorsitzende des Staatspräsidiums, der Montenegriner Branko Kostic angekündigt, daß das nur noch aus dem serbischen Block bestehende oberste Führungsgremium Jugoslawiens die Teilmobilmachung anordnen werde. Zugleich wies er die von Staatspräsident Mesic vertretene Beurteilung, in Belgrad habe ein Staatsstreich stattgefunden, zurück. Nach Auffassung westlicher Diplomaten ist das achtköpfige Staatspräsidium nun aufgelöst. Die Bundesregierung in Bonn stellte fest, daß mit der Machtübernahme des serbischen Blocks eine Militärdiktatur errichtet worden sei.

Unterdessen zerstörte die jugoslawische Luftwaffe eine strategisch wichtige Brücke bei Zadar und flog Angriffe gegen Dubrovnik. Zwar wurde — entgegen Berichten der kroatischen Medien — das historische Zentrum der Adriastadt bisher nicht bombadiert, doch ist sie inzwischen völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Der Wasservorrat soll noch für fünf Tage ausreichen.

Die heftigen Kämpfe gingen auch an der Grenze zu Serbien, besonders in der ebenfalls abgeschnittenen Stadt Vukovar weiter. Kroatische Truppen kontrollieren hier nur noch ein Fünftel des Territoriums. Und auch im breiten mittleren Abschnitt der Front südlich von Zagreb stößt die Bundesarmee bei ihrem Vormarsch aus dem von ihr kontrollierten Gebiet Banija nach Norden nach eigenen Angaben nur auf geringen organisierten Widerstand der kroatischen Nationalgarde. Ihren Angaben zufolge sind die Panzer der Bundesarmee nur noch 35 km von Zagreb entfernt. her