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Heftige Proteste in Jerusalem

Tel Aviv/Jerusalem (taz/afp) — Als sicheres Zeichen dafür, daß der Kampf zur Wahl des israelischen Parlamentes im kommenden Jahr bereits begonnen hat, gilt die stürmische Demonstration von orthodoxen Juden in Jerusalem am Samstag. In Mea Schearim, dem Viertel der ultraorthodoxen Juden in Jerusalem, kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Bewohnern gekommen.

Die Polizei löste gewaltsam eine Demonstration von etwa 6.000 streng gläubigen Juden auf, die gegen die Eröffnung einer vierspurigen Straße vor ihrem Viertel protestierten. Die „Route 1“ verbindet West- Jerusalem mit den in Ost-Jerusalem gelegenen Regierungsämtern und jüdischen Wohnvierteln.

Etwa ein Dutzend Demonstranten wurden nach Polizeiangaben festgenommen. Drei Polizisten seien verletzt worden. Der Rat der Rabbiner hatte die Gläubigen beim Samstagsgebet zu der Demonstration gegen die „frevlerische Straße“ aufgerufen, die ihrer Ansicht nach die geheiligte Sabbat-Ruhe stört. Mit ihrem Protest zielten die Bewohner von Mea Shearim vor allem auf den Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek, der die Straße in dieser Woche eingeweiht hatte. Kollek, den sie als „notorischen Antisemiten“ ablehnen, werfen die Ultraorthodoxen vor, er wolle die „Heilige Stadt“ in eine heidnische Großstadt verwandeln. Ein Talmud-Schüler kündigte an, die Demonstrationen würden jetzt jeden Samstag fortgesetzt.

Zum erstenmal war eine große Protestdemonstration der Orthodoxen von den Mitgliedern des Gerichtshofs der orthodoxen Gemeinden angeführt worden, an ihrer Spitze Rabbi Mosche Arie Freiner. Einige nichtorthodoxe Bewohner des Viertels, durch die die „Route 1“ führt, sind zwar gegen die Sabbat- Demos, doch auch sie wenden sich gegen die neue Straße entlang der Grenze zwischen West- und Ost-Jerusalem, wo sowohl Palästinenser als auch fanatische Anhänger der Kahane-Bewegung leben. „Jeder kleine Vorfall kann hier einen großen Konflikt entfachen“, erklärte der Anwalt Dov Halbertal.

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