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Haider gräbt der ÖVP das Wasser ab

■ Jörg Haiders FPÖ verdreifacht ihren Stimmenanteil bei Landtagswahl in Oberösterreich/ ÖVP verliert absolute Mehrheit im Landtag/ Zunehmend Druck auf rot-schwarze Koalition in Wien

Wien (dpa/taz) — Manche nennen ihn einen „Jungnazi“, manche bezichtigen ihn eines zunehmend „schlampigen Umgangs mit dem Nationalsozialismus“, seit Sonntag geriert er sich — wieder einmal — als Wahlsieger: Jörg Haiders Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hat bei den Landtagswahlen in Oberösterreich erneut starke Stimmengewinne erzielt und damit vor allem den Druck auf die Österreichische Volkspartei (ÖVP) erhöht, aus der schwarz-roten Bundeskoalition auszusteigen.

Darüber konnten auch Beteuerungen der beiden Wahlverlierer ÖVP und SPÖ nicht hinwegtäuschen, wonach man entschlossen sei, an der vor fünf Jahren begründeten Zusammenarbeit festzuhalten.

Die FPÖ, die in Österreich mittlerweile nicht mehr den rechten Rand, sondern ein gutes Stück vom Wählerkuchen abdeckt, hatte am Sonntag bei den Regionalwahlen in Haiders Heimatland Oberösterreich ihren Stimmenanteil auf 17,7 Prozent mehr als verdreifachen können. Die ÖVP (45,2 Prozent) verlor fast sieben Prozentpunkte und damit die absolute Mehrheit, bleibt jedoch stärkste Fraktion im Landtag in Linz. Die SPÖ (31,4 Prozent) büßte 6,5 Prozentpunkte ein. Den beiden grünen Parteien VGÖ und GAL gelang der Sprung ins Landesparlament nicht.

Ein ähnliches Ergebnis hatte es erst zwei Wochen zuvor in der Steiermark gegeben. In der Landeshauptstadt Wien, die als Bundesland gilt und in der die SPÖ noch die absolute Mehrheit hat, wird am 10. November gewählt.

Haider, der im Juni nach seinen Äußerungen über die „ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“ als Landeshauptmann von Kärnten abgewählt worden war, zeigte sich gestern siegessicher und selbstbewußt, der ÖVP weiterhin das Wasser abzugraben, bis diese an der FPÖ mit ihm an der Spitze nicht mehr vorbeikomme. Seine Partei werde ihren Weg weitergehen, „bis entweder von der ÖVP nichts mehr übrigbleibt oder sie sich eines Besseren besonnen hat“.

Die Prognose für die Volkspartei ist so unbegründet nicht. Während nämlich die Freiheitlichen seit der Übernahme des Parteivorsitzes durch Haider vor sechs Jahren von Wahlerfolg zu Wahlerfolg eilen, sackt die Volkspartei, die weitgehend aus demselben Wählerpotential schöpft wie die FPÖ, in Bund und Ländern immer weiter ab.

Entsprechend schlecht ist man spätestens seit dem Debakel in Oberösterreich in den Reihen der ÖVP auf die Koalition in Wien zu sprechen, die sich mit Reformvorhaben, aber auch mit Routineaufgaben wie dem Ausgleich des Budgets immer schwerer tut. „Wir gehen mit den Sozis unter“, meinte der oberösterreichische ÖVP-Landessekretär Franz Hiesl nach der Wahlschlappe, die selbst Pessimisten so nicht vorhergesehen hatten. Auch der Bundesvorsitzende der Volkspartei, Erhard Busek, empfahl, seine Partei müsse den „Reformdruck“ in der Bundesregierung verstärken.

Schon der Gedanke an einen Schwenk der Konservativen hin zu den Freiheitlichen wurde bislang durch die Person Haiders blockiert. Nahmen ihm die eigenen Anhänger seine regelmäßigen neonazistischen Ausfälle nicht weiter übel, so galt er für die beiden Großparteien bislang weder als koalitions- noch als salonfähig. Nach den jüngsten Wahlerfolgen der Freiheitlichen, die eng mit der Person Haiders verbunden sind, ist die FPÖ ohne ihren Chef aber nicht zu bekommen. anb

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