: Experten gegen höhere Mehrwertsteuer
■ Bundesbank und Wirtschaftsforscher argumentieren gegen Steuerpläne der Koalition
Bonn (dpa/ap/taz) — Die Bundesregierung wird die zum 1. Januar 1993 geplante Anhebung der Mehrwertsteuer gegen den Rat der Bundesbank, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute und der Spitzenverbände der Wirtschaft durchsetzen müssen. Dies wurde in der Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages zum Steueränderungsgesetz 1992 gestern deutlich.
Die Bundesbank argumentierte, die Anhebung der Mehrwertsteuer von 14 auf 15 Prozent sei aus währungspolitischer Sicht mit erheblichen Risiken behaftet. Es bestehe die Gefahr, daß der damit verbundene Anstieg des Preisniveaus um 0,25 und der Verbraucherpreise um 0,5 Prozent zum Anlaß für Forderungen nach höheren Lohnabschlüssen genommen werde — und dies möglicherweise vor Inkrafttreten der Steuererhöhung. Die Folge wären Lohn- und Preissteigerungen.
Positiv bewertet die Zentralbank den in dem Entwurf des Steueränderungsgesetzes vorgesehenen Abbau von Steuervergünstigungen und Privilegien. Allerdings handele es sich nur um marginale Korrekturen. Fraglich sei auch, ob die vorgesehenen Entlastungen von fünf Milliarden Mark wirklich erzielt werden könnten. So war am Rande der Anhörung zu erfahren, daß manches Element des steuerlichen Subventionsabbau-Pakets schon abgebröckelt ist. So soll die Sonderregelung für zusätzliche Kraftfahrzeuganhänger jetzt doch erhalten bleiben. Und bei der Beseitigung von Steuerersparnissen durch „Policendarlehen“ aus Lebensversicherungen zur billigen Finanzierung von Investitionskrediten soll eine „weichere Lösung“ zustandekommen. Dagegen zeichnet sich ab, daß die geplante Besteuerung von privaten Motorbooten und Segelschiffen wieder fallen gelassen wird.
Die Spitzenverbände der Wirtschaft warnten vor einem Preisschub infolge der Mehrwertsteuererhöhung. Risiken bestünden auch für Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und Geldwertstabilität.
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