: Waffenstillstand bröckelt wieder
■ EG-Parlament gegen Anerkennung Kroatiens und Sloweniens/ Vier Journalisten tot
Berlin (afp/dpa/taz) — Der neue Waffenstillstand in Kroatien ist am Donnerstag verletzt worden. Vor allem in der Umgebung der ostslawonischen Stadt Vukovar wurde erneut heftig gekämpft. Der Vorort Borovo Naselje wurde massiv von der Bundesarmee mit Mehrfachraketenwerfern, Mörsern und Panzerkanonen beschossen. Schießereien gab es auch in der Region von Nova Gradiska, vor allem aus Pakrac und Jasenovac, gemeldet. In der größten slawonischen Stadt Osijek kam es ebenfalls zu Feuergefechten. Weitere Gefechte gab es in Karlovac, etwa fünzig Kilometer südlich von Zagreb, sowie in Cavtat bei Dubrovnik.
Im Straßburger Europa-Parlament ist am Donnerstag ein Votum zugunsten einer Anerkennung Kroatiens und Sloweniens knapp gescheitert. Die Parlamentarier stimmten statt dessen für eine Entschließung der Sozialistischen Fraktion, in dem die Gemeinschaft lediglich aufgefordert wird, ihre Vermittlungsversuche fortzusetzen und dabei „weiterhin eine ausgewogene Strategie“ zu verfolgen. Zugleich warnten sie vor der Entsendung einer bewaffneten Eingreiftruppe nach Jugoslawien. „Allenfalls“ solle eine Friedenstruppe aufgestellt werden — und auch das nur mit Zustimmung aller beteiligten Parteien. Serbien hat die Entsendung einer solchen Truppe bereits abgelehnt. In dem gescheiterten Text hatte es geheißen, falls die Waffenruhe bis kommenden Montag erneut gebrochen werden sollte, müsse die EG „Maßnahmen zur Anerkennung der Republiken Sloweniens und Kroatiens einleiten“, damit die UNO tätig werden könne.
Unterdessen reisten der kroatische und der serbische Präsident, Franjo Tudjman und Slobodan Milosevic, sowie General Veljko Kadijevic zu Gesprächen mit dem niederländischen EG-Ratspräsidenten Hans van den Broek nach Den Haag. Der Vorsitzende der EG-Friedenskonferenz zu Jugoslawien, Lord Peter Carrington, weilte zu Gesprächen mit UN-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar in New York. Er berief eine Sitzung der Friedenskonferenz für Montag in Den Haag ein.
Vier Mitarbeiter des Belgrader Fernsehens wurden am Mittwoch in der Nähe von Petrinja, 60 Kilometer südlich von Zagreb, getötet. Kroatische Truppen hätten eine Granate auf das Fahrzeug der Journalisten abgefeuert. Damit sind seit Beginn der Kämpfe allein in Kroatien zwölf Journalisten getötet worden. Zwei sowjetische Reporter, die seit Anfang September spurlos verschwunden sind, sind mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls tot.
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