: Tanzen wie George Grosz malt
■ „Rote Hochzeiten“ von Majakowski u.a. / Krim-Theater am Leibnizplatz
Auf zwei Hochzeiten tanzte die Truppe vom Maxim Gorki Theater aus Simferopol (Krim), die bei der shakespeare company zu Gast ist: Auf der Genossenhochzeit in den 20er Jahren (aus Majakowskijs „Wanze“), und — nach der Pause — auf der Intelligenzlerhochzeit der 30er (aus „Starkes Gefühl“ von Ilf und Petrov).
Majakowskis Komödie stellt den Genossen aus, der im Zeichen des „Bereichert euch“ der NEP nicht mehr Genosse sein will, sondern Bürger und reich und vornehm dazu. Weg mit der armen Konkubine, her mit der reichen dicken Braut, die — köstlich! — mit Stopfbacken in Gesicht und Hintern inmitten thront wie's Goldne Kalb. Den Takt für die Rote Hochzeit nimmt der Regisseur aus den Ritualen von Suff und Säbel. Der Suff schmettert die überflüssigen Köpfe dröhnend auf die festliche Tafel. Der nackte Säbel des Offiziers regiert die krampfende Ex-tase bis zum Delirium.
Suff und Säbel regieren auch die Hochzeitsgesellschaft der 30er Jahre, der Zeit von Stalins schauprozessgestützten Genossenmorden. Die tafelnden Doktoren und Verbandsdichter haben immer zu wenig Wodka. Wodka ist die Waffe gegen einen gewissen Lifschitz. Der randaliert vor der Tür um Einlaß, und seine Bedrohligkeit wächst mit mit seiner Unsichtbarkeit ins Gigantische. Zum Schluß erscheint Lifschitz und ist ein Männchen klein, dem die Braut geopfert wird.
Der Majakowkski ist satirisches Marionettentheater mit einem Stich Ohnsorg. Besonders schön, sie tanzen die herrschenden Neureichs so wie George Grosz die seinen gezeichnet hat.
Danach eine dritte Tafel. Diese aber haben shakespeares ins Foyer gezaubert, nebst Nudelsalat und Sekt, Wodka soll auch da sein. Peter Lüchinger begrüßt 1) die Gäste und 2) daß auch auf der Krim wie bei der company „ohne die vierte Wand gespielt“ wird , ins Publikum hinein. Und lernen würde er gern, wie sie das mit dem Tanzen machen.
Uta Stolle
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