: Krise der Grünen?
■ Niedersachsen: Personenschwund nach Kommunalwahlen
Das Lachen vom Sonntag abend nach dem erfreulichen Wahlausgang ist den niedersächsischen Grünen schon nach kurzer Zeit wieder vergangen. Was bis zur Kommunalwahl offenbar noch unter der Decke gehalten wurde, ist jetzt aufgebrochen. Gleich drei Politiker gaben wegen offenbar nicht mehr überbrückbarer Gräben Mandate oder Ämter auf. Hinzu kommt Ärger in der bisher auf Harmonie bedachten rot-grünen Koalition wegen der unüberbrückbaren Gegensätze in der Asylpolitik.
Als der Statthalter der Grünen im Umweltministerium, Staatssekretär Peter Bulle, am Dienstag seinen seit längerem erwarteten Rücktritt zum Monatsende ankündigte, überraschte das kaum jemanden. Die Differenzen zwischen Bulle und der Grünen- Fraktion, insbesondere dem Atomenergieexperten Hannes Kempmann, hatten sich seit Monaten aufgetürmt. In eine Krise geriet die Grünen-Fraktion am Freitag, als zwei der insgesamt nur acht Abgeordneten die Segel strichen. Die Apothekerin Doris Herrmann gab ganz auf und legte das Mandat nieder. Kalle Puls- Janssen verließ den Fraktionsvorstand. Schlechten persönlichen Umgang in Fraktion nannten sie als Gründe.
Hinter den persönlichen Vorwürfen verbergen sich offenbar grundlegende Schwierigkeiten der Grünen als Regierungspartei. Das mühsame Aushandeln von Kompromissen mit den Sozialdemokraten gerät für die wesentlich kleinere Grünen-Fraktion zum Dauerstreß. Hinzu kommt, daß von den acht Abgeordneten, die seit 16 Monaten mitregieren, fünf Neulinge im Landtag sind.
Die Personaldecke der Grünen für wichtige Positionen in den Ministerien ist außerdem sehr dünn, wie die intern schon vor Monaten begonnene Suche nach einem neuen Umweltstaatssekretär gezeigt hat. Schon manche –Kröte“ — wie die Koalitionskompromisse gern genannt werden — die von den Grünen geschluckt werden mußte, ist einigen hinterher sauer aufgestoßen. Der Druck wird trotz des guten Kommunalwahlergebnisses zunehmen. Viele in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Reformvorhaben drohen an Finanzproblemen zu scheitern. Vor einer Zerreißprobe steht die Koaltion außerdem in der Asylpolitik: Die SPD sagt zu Sammellagern „Ja“, die Grünen bisher genauso unmißverständlich „Nein“. Andreas Möser, dpa
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