INTERVIEW: „Es gibt keinerlei Konzepte“
■ Hans-Otto Wolf ist Betriebsrat im Dortmunder Hoesch-Stahlwerk Phoenix
taz: Herr Wolf, die Krupp-Muttergesellschaft ist dabei, die Aktienmehrheit von Hoesch zu erwerben. Ist das die Rettung für den angeschlagenen Hoesch-Konzern, in dessen Gesamtbetriebsrat Sie auch sitzen?
Hans-Otto Wolf: Das kann nicht die Rettung sein, und im übrigen geht es ja auch nicht darum, daß anschließend ein Konzern überlebt, sondern darum, wieviele Arbeitsplätze übrig bleiben. Nach den derzeitigen Informationen sind viele Arbeitsplätze bedroht. Die Unsicherheit ist groß, denn es liegen keinerlei Konzepte vor, aus denen hervorginge, in welchen Betriebsteilen denn die angeblichen Synergieeffekte realisiert werden sollen.
Es gab ja schon Anfang der 80er Jahre den gescheiterten Versuch, über eine Fusion von Hoesch und Krupp zur „Ruhrstahl AG“ beide Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Knüpft der Krupp-Coup da nicht an?
Im Gegensatz zum Ruhrstahl-Konzept ist der jetzige Coup ja nicht nur auf den Stahlbereich beschränkt. Jetzt läuft es ja darauf hinaus, Hoesch von der Firmenführung her gänzlich auszulöschen, um dann alle Aktivitäten von Krupp aus steuern zu können. Das ist ein Diktat von Krupp, die wollen bestimmen, wer und was überlebt.
Fürchten Sie um die Stahlbasis in Dortmund?
Es bleibt ja nicht auf den Stahlbereich beschränkt. Die Produktionspaletten von beiden Konzernen weisen mehr Übereinstimmungen als Unterschiede auf. Von daher befürchten wir, daß einzelne Standorte — zum Beispiel über gezieltes Konzentrieren von Aufträgen — unter dem Stichwort betriebswirtschaftliche Optimierung einfach kaputtgerechnet werden.
Hat Krupp denn im Stahlwerksbereich Kapazitäten frei, um zum Beispiel die Produktion von Hoesch in Dortmund übernehmen zu können?
Durch das Zusammengehen von Krupp mit Mannesmann in Duisburg stehen erhebliche Kapazitäten zur Verfügung, durch den Rückgang der Röhrennachfrage kommen weitere hinzu. Darüber hinaus könnte der Krupp- Konzern ja auch daran denken, die dann noch fehlenden Kapazität in Eisenhüttenstadt, wo Krupp beteiligt ist, aufzubauen.
Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Einert hat den Krupp-Coup schon begrüßt. Was kann die Hoesch-Belegschaft da noch tun, wenn die Aktion von der Landesregierung unterstützt wird?
Krupp selbst hat ja bisher erst 24,9 Prozent der Hoesch Aktien. Dazu hat der Konzern offenbar noch die Option, jeweils 15 Prozent von einer schweizerischen Bankengruppe und der im Landesbesitz befindlichen Westdeutschen Landesbank (West LB) übernehmen zu können. Wir erwarten von Politikern, daß sie sich über die Folgen ihrer Entscheidungen vorher Klarheit verschaffen. Ein Konzept liegt in diesem Fall aber überhaupt nicht vor. Deshalb erwarten wir von der Landesregierung, daß sie dafür sorgt, daß eine Weitergabe des West-LB-Aktienpaketes erst dann erfolgt, wenn es einvernehmliche Regelungen zwischen beiden Gesellschaften gibt. Interview: Walter Jakobs
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