: Wedemeier setzt die Ampel durch
■ SPD-Parteitag folgt ihrem Bürgermeister / „Derzeit“ keine große Koalition
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Der neue Mann an der SPD-Spitze: Horst Isola nach dem Rücktritt von Ilse JanzFoto: Jörg Oberheide
Das Gerangel hinter den Kulissen hat ein Ende: Mit einer 80:56-Mehrheit verabschiedete der SPD-Landesparteitag am Samstag eine Aussage zur Koalitionsfrage, in der es heißt: „Die Verhandlungskommission wird aufgefordert, vordringlich Gespräche mit den Grünen und der FDP zur Bildung einer gemeinsamen Koalition auf stabiler Basis aufzunehmen.“
Der vorgelegte Antrag des Landesvorstandes hatte diese Frage weiterhin offengelassen. In einer mehrstündigen Debatte hatten sich die Vorstandsmitglieder tags zuvor nicht auf eine Festlegung einigen können. Die Vertreter eines rot-grünen Kurses hatten schließlich durchgesetzt, daß eine Festlegung auf die „Ampel“ nicht in das Antragspapier kam. Eine
offensive Position für rot-grün hatte im Landesvorstand keine Chance und auch zu einer Absage an eine große Koalition konnte sich die SPD nicht durchringen. In dem Beschluß des Landesparteitags heißt es nur: „Der Landesparteitag sieht derzeit keine Basis für eine Koalition mit der Bremer CDU.“
Die Mehrheit der RednerInnen in der sechsstündigen Debatte auf dem Parteitag am Samstag hatte dann aber einer Ampel-Koalition das Wort geredet. „Ein breites Bündnis zwischen den Kräften der Wirtschaft, der Ökologie und der sozialen Verantwortung“, beschwor Bürgermeister Klaus Wedemeier. Die Rot-Grün-Befürworterin Tine Wischer sah „die Zeit noch nicht reif für Rot
Grün“. Manfred Fluß hatte ausgerechnet, daß einer rot-grünen Koalition die Mehrheit in den Deputationen des Parlaments fehlt, wenn die Grünen mit FDP und CDU das neue Zählverfahren Hare-Niemeyer einführt. „Dann kriegt die DVU einen Sitz und Rot-Grün hat keine Mehrheit mehr.“ Hans Koschnick, der in Israel weilt, hatte per Brief mitgeteilt, daß er für die Ampel sei und auch Grün-Freunde entdeckten aus der Not geboren ihre Sympathie für die Ampel. Wie der Landesvorständler Siegfried Ziegert: „Sind denn die Grünen die unsicheren Partner? Es ist doch so, daß wir selbst nicht die verläßlichen Partner sind.“
In der Diskussion hatten alle führenden Genossen ihren Teil der Selbstkritik geübt. Klaus Wedemeier bedauerte, „nicht öfter auf den Tisch gehauen zu haben“, und sprach von Filz. Sein Versprechen für die Zukunft: „Wir brauchen in der Regierung qualifizierte Leute. Wenn derjenige auch ein Parteibuch hat, dann können wir stolz sein.“
Nur wenige Delegierte waren mit der Selbstkritik ohne Konsequenz unzufrieden. Carsten Sieling verwahrte sich dagegen, daß allen gleichermaßen die Schuld aufgeladen werde. „Der Senat hat Schuld durch Handeln, der Vorstand Schuld durch Unterlassen.“ Die Parteibasis habe durchaus Kritik geübt. „Aber das ist weggebügelt und mißachtet worden.“ Sieling: „Wedemeier hat gesagt: Das geht, das geht nicht. Hier liegt der Anfang vom Ende.“
Am Dienstag müssen auf ihrer Landesversammlung die Grünen entscheiden, ob sie sich auch an einer Ampelkoalition beteiligen wollen. Dann könnten Gespräche aufgenommen werden, deren Dauer nicht vorhersehbar ist. Nach dem Parteitag sagte Bürgermeister Wedemeier, daß er eine Regierungsbildung im Dezember anstrebe, daß aber auch ein späterer Zeitpunkt nicht ausgeschlossen sei. Bis zur Wahl eines neuen Senats bleiben die alten Regierungsmitglieder im Amt. Die Bürgerschaft wird sich Anfang November konstituieren.
hbk
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