„Wir wollen einen Hörfunkkanal“

DS-Kultur „parkt“ beim ZDF/ Keine lineare Übernahme der Mitarbeiter  ■ Von Karl-Heinz Stamm

Als plötzlich und unerwartet das Telefon läutete, sagte Jockel Fuchs, der ZDF-Fernsehratsvorsitzende, trocken: „Das ist er schon.“ Gemeint war der ARD-Vorsitzende Friedrich Nowottny. Allgemeines Gelächter, denn sein Amtskollege vom ZDF, Dieter Stolte, hatte gerade vor der Presse erläutert, in welcher Form er den ARD-Chef hinsichtlich der vorgetragenen Beschlüsse in Sachen Deutschlandsender Kultur unterrichten werde.

Das oberste Aufsichtsgremium des ZDF, das Ende letzter Woche in Berlin tagte, hatte nämlich entschieden, daß der ostdeutsche Hörfunksender zwar ab Anfang des neuen Jahres durch die Mainzer weitergeführt wird, daß aber, und das war das Zentrale, mit dieser befristeten Weiterführung keinerlei Vorentscheidung im Hinblick auf die von ARD und ZDF noch zu gründende Einrichtung zur Veranstaltung nationalen Hörfunks verbunden ist. Stolte rechnet allerdings nicht damit, daß die Ministerpräsidenten vor Mitte nächsten Jahres ihre unscharfen Vorgaben in Sachen nationaler Hörfunk konkretisieren und einen neuen Staatsvertrag formulieren. Eine solche Klarstellung war nötig geworden, da der ARD-Vorsitzende vor seinem Rundfunkrat — er ist gleichzeitig Intendant beim WRD — den Verdacht geäußert hatte, das ZDF wolle aus diesem Provisorium ein unwiderrufbares Faktum machen.

Hintergrund des medienpolitischen Wirbels ist ein Beschluß der Ministerpräsidenten der Länder, der vorsieht, daß aus den drei ohne Legitimation und Programmauftrag dastehenden Sendern, Deutschlandfunk in Köln (DLF), RIAS in Berlin und der Ost-Sender DS-Kultur, ebenfalls in Berlin, ein nationaler Hörfunk werden soll. Im Staatsvertrag Ende August wurde von den Länderchefs festgeschrieben, daß ARD und ZDF zur Veranstaltung von drei werbefreien, nationalen Hörfunkprogrammen eine Gemeinschaftseinrichtung gründen und in diese die drei Programme integrieren sollen.

Da sowohl der DLF als auch der RIAS im nächsten Jahr finanziell abgesichert sind, der Kulturkanal aber laut Einigungsvertrag am Jahresende seinen Betrieb einstellen muß, beschlossen die Regierungschefs den Sender, respektive seine Mitarbeiter, vorübergehend beim ZDF zu „parken“. Erklärbar ist die Aufregung des ARD-Chefs schon, denn die Mainzer spekulieren seit geraumer Zeit auf ein eigenes Rundfunkstandbein.

Nun werden aber die Mitarbeiter von DS-Kultur nicht einfach linear übernommen, sie müssen sich, das gab Stolte weiter bekannt, auf die hausintern ausgeschriebenen Stellen neu bewerben. „Man sollte natürlich nur Personen auf den Parkplatz übernehmen, die man auch in Zukunft gebrauchen kann.“ Nach der Struktur des Programms gefragt, geht Stolte davon aus, daß man innerhalb des Auftrages Kulturprogramm — auch das eine Vorgabe der Ministerpräsidenten — ab Anfang nächsten Jahres durchaus Korrekturen vornehmen könne. „Das Programm muß wettbewerbsfähig sein.“ Übernommen werden aber nicht nur 140 DS-Kultur-Mitarbeiter, sondern auch 120 Orchestermusiker und 80 Chormitglieder. Gefragt, wer denn die Leute einstelle, antwortete Stolte: „Natürlich der Arbeitnehmer.“ Und das ist das ZDF. Man werde sich bei den Arbeitsverträgen nicht nur mit der ARD und der „Einrichtung“, sondern auch der Chefredaktion des Senders ins Benehmen setzen. Löhne wie beim ZDF solle es allerdings nicht geben.

Offen ist nach wie vor, wie die Organisationsform des nationalen Rundfunks aussehen soll. War seitens der Länder zunächst daran gedacht, die Form einer unselbständigen, nicht rechtsfähigen Einrichtung zu wählen, so plädiert die ARD jetzt für eine Quasi-Rundfunkanstalt mit einem Aufsichtsgremium, das paritätisch von ARD und ZDF besetzt ist. Der ZDF-Intendant dazu: „Wir wollen einen Hörfunkkanal machen und nicht Mitinhaber einer Holding werden.“ Auch damit die Verantwortlichkeit klar ist, plädieren die Mainzer für ein „Federführungsmodell“, das die Betriebsstätten in Köln und Berlin unter einem gemeinsamen Dach aufteilt. Die einzelnen Sender jedoch sollen einem der beiden öffentlich-rechtlichen Systeme zugeordnet werden.