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Flaggschiff mit Bauchbinde

■ Pro7 Tagesbild, Mo., 20 Uhr, Pro7

In einem waren sich alle einig: im Aufmacher des Tages. San Suu Kyi, die neue Friedensnobelpreisträgerin aus Birma, stand in den Nachrichtensendungen fast aller Programme an der Spitze. Uniform auch die Bilder, denn zwangsläufig mußten sich alle mit Archivaufnahmen der seit fast zwei Jahren unter Hausarrest stehenden Oppositionspolitikerin begnügen. Doch spätestens bei der Aussprache ihres Namens scherte zumindest einer aus dem Tross der Sprecher und Moderatoren aus: Für Jan Fromm, den Anchorman von Tagesbild, der selbsternannten Alternative zur Tagesschau des Privatsenders Pro7, hieß die Preisträgerin Frau Ki und nicht Frau Tschi. Der kleine Fehler ist verzeihlich, denn in anderen Bereichen haben Nachrichtenchef Jörg van Hooven und sein Team ihre Lektionen erstaunlich gut gelernt. Während Wilhelm Wieben, zwar mit durchaus farbenprächtigem Jacket, vor den seit Jahren standardisierten Hintergrundtafeln die Meldungen verlas, wartete der Kabelsender mit ungewöhnlich guten Grafiken auf. Es scheint, als hätten die Münchner die Seiten 204 bis 209 des Standardwerks Fernsehjournalismus — Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis auswendig gelernt. Von dem seit Jahren beklagten „bebilderter Hörfunk“ vieler Nachrichtensendungen kann bei Tagesbild kaum die Rede sein. Im Gegenteil. Filme, Schaubilder und Fotos flimmern in rasantem Tempo über die Mattscheibe, unterbrochen von kurzen Anmoderationen eines leicht nervösen Fromm. Auch in anderen Bereichen hat sich Pro7 durchaus Mühe gegeben: Offensichtlich will man die Ablichtung der langweiligen Politikerköpfe auf Pressekonferenzen durch spannendere Bilder zum Thema ersetzen. Leider sind die privaten Musterschüler in ihrer Bilder- und Grafikbesessenheit dann doch über das Klassenziel hinausgeschossen. Eine Fernsehanstalt sollte man nicht mit einem Tabakkonzern gleichsetzen, obwohl heute niemand mehr bestreitet, daß auch Nachrichten lediglich eine Ware sind. Die knallrote Bauchbinde, mit der Tagesbild jedes „Produkt“ versieht, würden bestenfalls die alte „Fehlfarben“ gut schmücken. Wie so oft, wäre auch hier weniger mehr gewesen. Wenn sich nach 15 Minuten Bildersturm Jan Fromm aus seinem überdimensionalen Moderationsraumschiff verabschiedet, kommen leichte Sehnsüchte nach der guten alten Tagesschau auf. Die wird auch die ausgeklügelte Choreographie der süßen Wetterfee nicht von Platz eins der ersten Reihe vertreiben. Marina Schmidt

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