: Frieden unter Beschuß
■ „Gewaltfreies Aktionstraining“ in Jugoslawien
Drei Wochen reiste Christine Schweitzer durch ein Jugoslawien, das es nicht mehr gibt. Die in zahlreichen Friedensinitiativen (u.a. „Bund für soziale Verteidigung“, „Bundesrepublik ohne Armee“) arbeitende Kölnerin war auf Einladung mehrerer Friedensinitiativen in Zagreb und Belgrad, um örtliche Gruppen in die Umsetzung gewaltfreier Anti- Kriegsaktionen einzuführen. Auch wenn auf den ersten Blick Kroatien nicht gerade als ein Brennpunkt gewaltfreier binationaler Interessen erscheinen mag, existiert in Zagreb bereits eine kroatisch-serbische Friedensgesellschaft mit 200 Mitgliedern. Ihr vorrangiges Ziel ist die sofortige Beendigung der Kampfhandlungen.
Doch das ist schwer zu realisieren, wie Frau Schweitzer erkennen mußte. Nicht einmal ihr Seminar über „Konkretes gewaltfreies Aktionstraining“ blieb von Luftangriffswarnungen verschont, eine massive pro-serbische Propaganda und offener Haß beeinträchtigten ihre anti- militaristische Arbeit. Dabei ist selbst bei der angespannten Lage im kriegsbewegten Jugoslawien der Boden für Friedensarbeit fruchtbar. In Belgrad sind 85 Prozent aller wehrpflichtigen jungen Männer fahnenflüchtig, in Serbien ist es immerhin noch die Hälfte. Häufigster Grund ist nicht eine pazifistische Grundhaltung, sondern die generelle Weigerung, auf Kroaten zu schießen.
Wie von hier aus Hilfe geleistet werden kann, formulierte Frau Schweitzer zusammen mit dem Landes-Grünen Uwe Helmke und Ernst Busche vom Bremer Friedensforum. Allein die ideelle Unterstützung sei willkommen, doch denken die Bremer Friedensbewegten an eine finanzielle Hilfe zum Aufbau einer funktionierenden Informationsstruktur. Auch kommt es darauf an, so Helmke, politisch öffentlich zu machen, daß deutsche Grüne die Friedensbestrebungen in Jugoslawien unterstützen. Bei der Verweigerer-Problematik wies er darauf hin, die Asylfrage der Kriegsflüchtlinge vorrangig zu behandeln. Viele Fahnenflüchtige seien inzwischen von der Installierung von Kriegsgerichten und somit von der Todesstrafe bedroht.
J.F.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen