piwik no script img

Brandanschlag gegen türkische Kreuzberger

■ 25 Verletzte bei Brandstiftung im ausschließlich von türkischen Berlinern bewohnten Haus Adalbertstraße 80/ Rechtsextreme Brandstifter vermutet

Kreuzberg. Der Brand in dem Kreuzberger Haus Adalbertstraße 80 ist auf Brandstiftung zurückzuführen. Bei dem Brand, der am vergangenen Freitag gegen 17 Uhr ausbrach, wurden 25 Menschen verletzt. Während die Polizei lediglich von einer Brandstiftung »durch unbekanntes Zündmittel« spricht, deuten Hinweise von Hausbewohnern auf einen Brandanschlag aus rechtsextremen Kreisen hin.

Am Freitag kurz nach 17 Uhr wurden die ausschließlich türkischen Bewohnern des in Kreuzberg 36 gelegenen Hauses von der Brand- und Rauchentwicklung überrascht. Das Feuer breitete sich im Hausflur in wenigen Minuten so schnell aus, daß die Bewohner keine Möglichkeit mehr zur Flucht auf die Straße hatten. Nach Angaben der Polizei verletzte sich ein Bewohner beim Sprung in den Hof. Weitere 24 Bewohner wurden von der Feuerwehr zur ambulanten Behandlung in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Ein Bewohner erlitt Verbrennungen zweiten und dritten Grades und schwebt noch in Lebensgefahr. Bereits vor Eintreffen der Feuerwehr wurden von Anwohnern mit Decken drei Kleinkinder und ein junges Mädchen aufgefangen, die aus dem zweiten Stock sprangen.

Vorwürfe wurden von den Bewohnern gegenüber der Feuerwehr laut. Diese sei viel zu spät am Brandort erschienen. Gleiches berichtete auch der Inhaber der benachbarten Kneipe »Jodelkeller«, Frank Maerz. Dieser hatte unmittelbar nach Brandbeginn telefonisch die Feuerwehr alarmiert. Seinen Angaben zufolge benötigte die Feuerwehr etwa 20 Minuten für den Weg von der nahegelegenen Feuerwache Wienerstraße in die Adalbertstraße. Die Feuerwehr verweist dagegen auf die in zweiter Reihe parkenden Fahrzeuge, die ein Vorankommen erschwert hätten.

Von Bewohnern des Hauses wird der Verdacht geäußert, die Brandstiftung sei von Rrechtsextremen verübt worden. Ein Hausbewohner (Name der Redaktion bekannt) berichtete, er habe drei glatzköpfige Jugendliche kurz vor Ausbruch des Feuers in der Nähe des Hauses beobachtet. Auch eine ältere Hausbewohnerin und andere Anwohner wollen von einem gegenüberliegenden Laden aus beobachtet haben, wie kurz vor Ausbruch des Feuers drei glatzköpfige Jugendliche mit einem Karton in das Haus Adalbertstraße 80 gingen. Kurz darauf seien sie ohne den Karton wieder aus dem Haus gekommen.

Vermutet wird ein Zusammenhang mit dem Freispruch von Ayhan Ö. Diesem war am vergangenen Donnerstag vom Gericht Notwehr zugebillgt worden, als er nach Angriffen von Rechtsradikalen mit einem Messer einen der Angreifer tötete und zwei schwer verletzte. Gerüchten zufolge sollen rechtsextreme Gruppen bereits vor Urteilsverkündung Brandanschläge angedroht haben, falls es zum Freispruch von Ayhan Ö. komme. Von Anwohnern in Kreuzberg 36 wurde berichtet, daß bereits am Tage vor dem Brand rechtsextreme Parolen und Schmierereien in der Naunynstraße gesprüht wurden. Mustafa K. Mete

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen