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Waffendealer reichen sich die Hände

■ Die fünf ständigen UNO-Sicherheitsratsmitglieder treffen Vereinbarung über zukünftige Koordination ihrer Rüstungsexportpolitik/ Angst vor kleineren Konkurrenten schweißt die Großen zusammen

London (dpa/taz) — Die Nachricht scheint auf den ersten Blick vom plötzlichen Ausbruch der Vernunft geprägt: Die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates und gleichzeitig größten Waffenexporteure — USA, UdSSR, China, Frankreich und Großbritannien — haben am Freitag abend in London gemeinsame Richtlinien zur Beschränkung ihrer Waffenexporte beschlossen.

In Zukunft, so versprach man sich in der britischen Hauptstadt, will man sich gegenseitig über Waffenverkäufe in den Nahen Osten informieren. Die einschneidende Erfahrung aus dem Golfkrieg, als die alliierten Truppen sich unter anderem mit irakischem Kriegsmaterial made in France, Germany oder Great Britain konfrontiert sahen, soll sich nicht wiederholen.

Und bevor in Zukunft weiter Panzer, Raketen oder Kriegsschiffe geliefert werden, will man in Washington, London, Paris, Peking und Moskau prüfen, ob die Empfängerländer die Waffen wirklich zu ihrer legitimen Selbstverteidigung brauchen. Keinesfalls, so beschworen die Vertreter der fünf Rüstungsgiganten, wolle man durch Rüstungsexporte bewaffnete Konflikte weiter verschlimmern, Spannungen verschärfen oder eine Region destabilisieren.

Keine Verpflichtungen und keine Kontrollen

Richard Clarke, Vertreter der US- Regierung bei den Londoner Gesprächen und Staatssekretär im US-Außenministerium, rühmte die Vereinbarung als „Durchbruch“. Doch bei näherem Hinsehen ist die Euphorie des US-Beamten nur schwer nachvollziehbar: Zum einen bezieht sich die Übereinkunft bislang nur auf konventionelle Waffen, zum anderen haben sich die fünf Sicherheitsratsmitglieder, die 85 Prozent des weltweiten Rüstungshandels betreiben, keinerlei Verpflichtungen auferlegt.

„Prüfender Druck“ müßte nach Meinung Clarkes ausreichen, damit kein Land aus der Vereinbarung ausschere. Von konkreten Kontrollmechanismen, wie zum Beispiel die Wiedereinführung des Waffentransferregisters aus Zeiten des Völkerbundes, war nicht die Rede.

Bereits im Juli diesen Jahres hatten sich die fünf größten Waffendealer auf Initiative Frankreichs, damals noch aufgrund seiner umfangreichen Waffenexporte an Saddam Hussein das Schmuddelkind unter den fünfen, in Paris getroffen, um über neue Spielregeln für den Rüstungsexport zu beraten. Kunden und Konkurrenten, aber auch Friedensforscher und Rüstungsexperten befürchteten bereits damals, daß das plötzliche Bedürfnis nach einem moralischen Verhaltenskodex im Waffengeschäft eher auf handfeste Wirtschaftsinteressen zurückzuführen ist: Als Waffenexporteure sichern sich die fünf Großen politischen Einfluß auf ihre Kunden und auf die Machtbalance in den betroffenen Weltregionen. So haben Amerikaner und Franzosen immer betont, daß auch Länder der Dritten Welt einen „legitimen Bedarf“ an Rüstung zu ihrer Verteidigung hätten. Für Frankreich und England spielt zudem der Export für die Rüstungsindustrie eine entscheidende Rolle. 1990, so erklärte im Juli der französische Verteidigungsminister Joxe, seien die Aufträge im Vergleich zum Vorjahr um 67 Prozent auf zehn Milliarden Mark gestiegen.

Außerdem befürchtet man bei zu großer Zurückhaltung die Konkurrenz der „Kleinen“ — Waffenexporteure wie die CSFR, Brasilien, Argentinien, Ägypten oder Indien.

Gewichtiges Motiv für die neue Kooperationsbereitschaft der fünf größten Waffenexporteure ist jedoch auch die Frage, wer mit welchem Anteil die Marktlücken schließen soll, die durch den Rückgang der sowjetischen Rüstungsexporte ausgelöst werden. Da dürfte bei dem von Richard Clarke bejubelten „Durchbruch“ eher der Geschäftssinn als die Moral eine Rolle gespielt haben. anb

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