: Respekt vor diesem Staatsanwalt
■ betr.: "Kleinkind vor der Krebstherapie versteckt", taz vom 14.10.91
betr.: dito
[...] Selbstverständlich ist der Entzug des Sorgerechts ein sehr weitgehender Schritt — und sicherlich eine ganz seltene Ausnahme, und deshalb: Respekt vor diesem Staatsanwalt!
Selbst als Arzt in einer Kinderklinik, ist mir die Problematik sehr hautnah bekannt; natürlich muß man versuchen, den Eltern die jeweilige Therapie verständlich und akzeptierbar zu machen, insbesondere wenn sie so eingreifend ist wie eine bei Leukämie notwendige Chemotherapie — aber was, wenn das nicht klappt?
Soll man Eltern das Recht zugestehen, gegebenenfalls ihr Kind durch Nichtbehandlung sterben zu lassen? Elternrecht — wird es nicht zur Farce wenn, wie mir geschehen, ein Kind tot ins Krankenhaus gebracht wird, weil man [...] einen Krankenhausaufenthalt so lang wie möglich vermeiden wollte. Elternrecht — wird es nicht zur Farce angesichts der mißhandelten und von Eltern totgeschlagenen Kinder, die jeder Kinderarzt schon gesehen hat?
Eltern, die ihr leukämiekrankes Kind statt zur Chemotherapie zum Naturheilkundler bringen (und jetzt kann mir jeder schulmedizinische Arroganz vorwerfen) gehört — vorausgesetzt, vernünftige Aufklärung hat stattgefunden — nicht nur das Sorgerecht entzogen, sondern sollten sich gegebenenfalls auch wegen fahrlässiger Körperverletzung/Tötung verantworten müssen!
Sicherlich gehen viele Eltern —nahezu alle — mit ihren Kinder oft schwere und schwerste Wege bei der Behandlung verschiedenster Erkrankungen, der Tenor Eures Artikels macht uns, die wir den Eltern diese Wege nahebringen müssen — leider nicht leichter. Dr.Michael Gilbert, Münster
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