Menschenrechte fördern

Commonwealth-Gipfel verabschiedet Zehn-Punkte-Erklärung: Förderung der Menschenrechte, der Demokratie und der Gleichberechtigung  ■ Aus Harare Willi Germund

Die Staats- und Regierungschefs der fünfzig Commonwealth-Mitgliedsländer wollen künftig die Demokratie und Menschenrechte fördern. In Harare, der Hauptstadt Simbabwes, verabschiedete die 28. Gipfelkonferenz der ehemaligen Staaten des britischen Kolonialreiches am Sonntagabend eine Zehn-Punkte-Erklärung, in der diese Prinzipien festgeschrieben wurden.

Die einzelnen Staaten wollen sich zukünftig, mit „neuer Kraft“ für Demokratie und demokratische Prozesse einsetzen, „fundamentale Menschenrechte fördern, Gleichheit für Frauen erreichen, weiter für das Ende der Rassendiskriminierung in Südafrika arbeiten und allgemeinen Zugang zur Erziehung garantieren“. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich außerdem zu einem „good government“ und damit zu einer korruptionsfreien wie rechenschaftspflichtigen Verwaltung.

Mit der Harare-Erklärung wollte der Commonwealth sich eine Grundlage für den Rest dieses und den Anfang des kommenden Jahrtausends verleihen. Doch das Klassenziel des Treffens, das gestern zu Ende ging, wurde nur teilweise erreicht. Zwar hoben die Mitglieder erstmals Menschenrechte und Demokratisierung ausdrücklich als Ziele hervor, doch sie scheuten davor zurück, sich bei der Umsetzung dieser Prinzipien festzulegen.

In der Harare-Erklärung ist weder vorgesehen, daß der Commonwealth eine Kommission einrichtet, die Menschenrechtsverletzungen beobachten soll, noch sind Maßnahmen gegen Mitgliedsländer vorgesehen, die gegen die Erklärung verstoßen.

Diese Kluft zwischen Prinzipien und Realität war auch im Gastgeberland selbst zu beobachten. Dort hatte der Politologe Jonathan Moyo schon vor Beginn der Commonwealth-Sitzung geklagt: „Simbabwe ist nur auf dem Papier ein Mehr-Parteien-Staat. So wird das Land nach außen hin dargestellt. Doch gegenüber den eigenen Leuten in Simbabwe wird nichts unversucht gelassen, um den Eindruck zu erwecken, daß wir einen Ein-Parteien-Staat haben.“

Als Studenten während der Commonwealth-Tagung gegen eine Universitätsreform demonstrieren wollten, wurden sie von der Polizei mit Tränengas auseinandergetrieben und in der Universität eingeschlossen.

In den meisten anderen Staaten sieht es nicht viel besser aus. Ein nigerianischer Anwalt und ein kenianischer Menschenrechtler durften ihr Land nicht verlassen, als sie zu einer Konferenz reisen wollten, die parallel zur Commonwealth-Tagung stattfand. Und Kenias Staatschef Daniel arap Moi kam ohne Kritik weg, als er erklärte, möglicherweise lasse sich in seinem Land in fünf bis zehn Jahren über ein Mehr-Parteien-System reden.

So ist die Festlegung auf Menschenrechte und Demokratisierung weit hinter den Forderungen zurückgeblieben, die etwa Kanadas Premierminister Brian Mulroney erhoben hatte. Seine Regierung, so verkündete er zu Beginn, werde nur noch dort Entwicklungshilfe leisten, wo auch Respekt für Menschenrechte zu spüren sei. Aber zaghafte Ansätze für ein stärkeres Demokratie-Engagement sind dennoch zu spüren. So wird eine Commonwealth-Delegation am 31. Oktober die Wahlen im Mitgliedsstaat Sambia beobachten.

Zum Dauerthema früherer Treffen, Südafrika, beschloß der Commonwealth, eine Delegation zu entsenden. Der Auftrag: Die Mitglieder sollen herausfinden, ob Bedarf und Interesse für eine Vermittlungstätigkeit besteht. Nach Jahrzehnten der Konfrontation gegenüber dem südafrikanischen Apartheid-Regime stellt die angekündigte Visite einen Schritt der Annäherung dar. Das Thema Südafrika sorgte ohnehin nicht mehr für die Aufregung, die um die Frage der Behandlung des Apartheid-Staates noch vor zwei Jahren geherrscht hatte.

Der Commonwealth sprach sich außerdem für die Aufhebeung von Reisebeschränkungen und ein Ende des Kulturboykotts aus. Er widersetzte sich aber der britischen Forderung nach einer beschleunigten Aufhebung von Handelsbeschränkungen. Beim Thema Südafrika zeigte sich die wirkliche Neuerung. Südafrika diente nicht mehr als „Sündenbock“, so der Politologe Moyo, mit dessen Hilfe andere Staaten von ihren eigenen traurigen Zuständen ablenken konnten.