Schwammberger-Prozeß fortgesetzt

■ Am 25. Tag des NS-Verfahrens wurden Protokolle von Überlebenden verlesen

Stuttgart (ap) — Mit der Verlesung von Aussagen ehemaliger Häftlinge des Zwangsarbeitslagers Rozwadow ist am Montag nach vierwöchiger Gerichtspause der Prozeß gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher Josef Schwammberger fortgesetzt worden. Vor der neunten Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts wurde Schwammberger an diesem 25. Tag der Hauptverhandlung erneut des Mordes beschuldigt.

Sowohl der 84jährige Maximilian Rössler aus Frankfurt als auch der in New York lebende, 67 Jahre alte Joachim Wimmer hatten zu Protokoll gegeben, daß der Angeklagte mehrere jüdische Häftlinge erschossen habe. Beide legten ihm insbesondere die Ermordung des Rabbiners Fraenkel am jüdischen Feiertag Yom Kippur im September 1942 zur Last. Der Prozeß soll am Mittwoch mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt werden. Dem 79jährigen ehemaligen SS-Oberscharführer Josef Schwammberger, der seit 26. Juni vor Gericht steht, wird vorgeworfen, zwischen 1942 und 1944 als Kommandant der im polnischen Distrikt Krakau gelegenen Arbeitslager Rozwadow und Mielec sowie des Ghettos A in Przemysl mindestens 43 Juden eigenhändig getötet und Beihilfe zur Ermordung von mindestens 3.374 Menschen jüdischer Herkunft geleistet zu haben.

Schwammberger war im Mai 1990 von Argentinien, wohin er 1948 geflüchtet war und wo er fast 40 Jahre lang unerkannt gelebt hatte, an die Bundesrepublik ausgeliefert worden und sitzt seither in Stuttgart- Stammheim in Untersuchungshaft. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe hatte der Angeklagte bislang kategorisch zurückgewiesen. Maximilian Rössler, der aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Hauptverhandlung nach Stuttgart reisen konnte, hatte den Mord am Rabbiner Fraenkel bereits im Jahr 1966 zu Protokoll gegeben. Schwammberger habe Fraenkel erschossen, weil dieser angeblich am Feiertag Yom Kippur nicht habe arbeiten wollen. „Wir wollen mal sehen, wer stärker ist: dein Gott oder meine Pistole“, habe Schwammberger gesagt und abgedrückt.

Er selbst habe stets die Augen niedergeschlagen, wenn der Lagerkommandant in der Nahe gewesen sei, hatte Rössler ausgesagt. Bei seiner jüngsten Vernehmung im Oktober dieses Jahres hatte der Zeuge erklärt, sein Erinnerungsvermögen sei 1966 besser gewesen. Alles, was er damals ausgesagt habe, sei richtig. Er habe versucht, die Vorgänge im Lager Rozwadow „zu vergessen und zu verdrängen“.