: Politiker streiten — Rassisten schlagen
■ Asyldebatte fortgeführt/ Union beharrt auf Grundgesetzänderung/ Wieder Anschläge auf Ausländer
Berlin (taz/ap/dpa) — Die Asyldebatte zwischen den Parteien ging gestern unvermindert weiter — die Anschläge auf Ausländer ebenso. Vier polnische Staatsbürger wurden in Schwedt in der Nähe von Frankfurt/ Oder von sieben Deutschen überfallen. Wie die polnische Grenzbehörde gestern mitteilte, seien die drei Frauen und ein Mann geschlagen und getreten worden. Bevor die Polizei eingriff, haben die Angreifer auch die Scheiben in dem Auto der Polen eingeschlagen.
In zwei Fällen hat die Polizei nach Anschlägen auf Flüchtlingsheime die mutmaßlichen Täter festgenommen. Nach einem Anschlag auf eine Unterkunft im mittelfränkischen Weißenburg, bei dem mit Steinen die Fenster eingeworfen wurden, erwischte die Polizei vier Männer zwischen 17 und 21 Jahren. In Pasewalk in Mecklenburg-Vorpommern griff die Polizei nach einem Brandanschlag auf ein Heim aus einer Gruppe von Jugendlichen einen 17jährigen heraus. Er steht im Verdacht, zwei Molotowcocktails auf das Gebäude geworfen zu haben. Bereits in der vergangenen Woche war ein Anschlag auf das Heim verübt worden.
Fünf Skinheads haben in der Nacht zum Dienstag in einem Linienbus in Trier zwei Männer mit Knüppeln und Stöcken niedergeschlagen, die sich schützend vor zwei Farbige gestellt hatten. Nach Polizeiangaben hätten die Skinheads mit Schimpfwörtern wie „Nigger raus“ die beiden Farbigen provoziert und beleidigt. Als zwei 30jährige Trierer den beiden zu Hilfe kamen, schlugen Skinheads sie nieder. Die beiden Helfer wurden verletzt ins Krankenhaus gebracht. Bei den Skinheads fand die Polizei neben Taschenmessern auch Aufkleber mit Hakenkreuzen. Die fünf wurden festgenommen und sollen dem Haftrichter vorgeführt werden. Als Protest gegen die Verlegung von Asylbewerbern nach Ostdeutschland haben Unbekannte in der Nacht zum Dienstag fünf Filialen eines Berliner Reisebüros beschädigt. Sie schlugen die Fenster und Türen ein und warfen Farbeier und Buttersäure in die Büros. Sie hinterließen Parolen wie „Keine Abschiebung“ und Zeitungsartikel über den Transport von Asylsuchenden in die neuen Bundesländer.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Friedrich Bohl, hat SPD und FDP zu einem Gespräch über die von der Union für notwendig gehaltene Verfassungsänderung zur Asylpolitik aufgefordert. Bohl appellierte an beide Parteien, auf den Vorschlag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) einzugehen und ernsthaft über dieses Thema zu beraten. Zugleich machte Bohl klar, daß die CDU/CSU im Parlament einen Vorstoß für eine Grundgesetzänderung unternehmen werde, wenn die Gespräche mit SPD und FDP ergebnislos bleiben. Bundesinnenminister Schäuble (CDU) hat gefordert, sogenannte Länderlisten oder Asylbewerber-Quoten zur Begrenzung des Zuwandererstroms nicht national, sondern nur auf EG-Ebene mit Beteiligung des UNO-Flüchtlingskommissars einzuführen.
Der Bund deutscher Verwaltungsrichter hat sich gegen die Absicht des Bundestags gewandt, für Asylverfahren eine Frist vorzuschreiben. Ihr Vorsitzender Werner Hanisch sagte, dies sei ebenso abzulehnen wie die Vorschläge, Grenzrichter einzusetzen oder Gerichtssitzungen in Asylsammelunterkünfte zu verlegen. Die Asylverfahren könnten auch ohne diese Maßnahmen und ohne Grundgesetzänderung beschleunigt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen