: Schreibmaschinen, einst Inbegriff solider Wertarbeit, sind Ladenhüter
■ Nach der AEG-Olympia kränkelt auch Triumph-Adler: Ein Kapitel Industriegeschichte geht zu Ende
Frankfurt/Main (dpa/vwd) — Mit der offenbar unabwendbar gewordenen Schließung des Frankfurter Triumph-Adler-Werks gehen im Raum Frankfurt/Main nicht nur mehrere hundert Arbeitsplätze verloren; mit dem Aus für das Werk im traditionellen Arbeiterviertel Gallus wird auch ein Kapitel deutscher Industriegeschichte geschlossen. Die 1957 von Max Grundig fusionierten Unternehmen Triumph und Adler wurden in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegründet und haben den Begriff der „deutschen Wertarbeit“ mitgeprägt.
Seit 1910 sind Schreibmaschinen das wichtigste Produkt der beiden Werke Frankfurt (Adler) und Nürnberg (Triumph). Immerhin hatte Triumph-Adler 1960, drei Jahre nach der Firmenvereinigung, einen Marktanteil von 64 Prozent und avancierte damit zum Hauptlieferanten deutscher Büros.
Doch dem Unternehmens-Gespann — dessen Frankfurter Ableger 1880 aus der Velociped-Abteilung der Frankfurter Maschinen-Handlung Heinrich Kleyer hervorgegangen war und das zunächst Fahrräder, später auch Motorräder und Autos produzierte — machte in den 60er Jahren zunehmend der Strukturwandel in der Bürokommunikation zu schaffen. Zwar bemühte sich Triumph-Adler schon früh, bei der Produktion elektrischer Schreibmaschinen mit der Entwicklung Schritt zu halten, geriet jedoch immer wieder in wirtschaftliche Schieflagen.
Die Folge: Die Triumph-Adler- Beschäftigten mußten sich seit den 60er Jahren immer wieder an neue Eigentümer gewöhnen. Nachdem Max Grundig 1957 Triumph und Adler vereinigt hatte, verkaufte er 1969 seine 97prozentige Triumph-Beteiligung an den amerikanischen Mischkonzern Litton Industries, der TA Zugang zum Überseemarkt verschaffte und die Schreibmaschine in das Elektronikzeitalter führte.
Doch auch Litton blieb nur eine Episode in der mehr als 100jährigen Firmengeschichte von Triumph und Adler — genauso wie das Engagement des VW-Konzerns, der 1979 bei Triumph-Adler einstieg und schon ein Jahr später seinen Anteil auf 98 Prozent des TA-Kapitals ausbaute. Der Ausflug in den Bereich Bürokommunikation bescherte dem Wolfsburger Autokonzern Millionenverluste. Im April 1986 wechselte die konsolidierte Firma an den italienischen Olivetti-Konzern.
Doch auch dem machte das Vordringen von Personalcomputern, die in vielen Büros und Haushalten an die Stelle von Schreibmaschinen treten, Probleme — unter denen übrigens auch die Konkurrenz AEG-Olympia in Wilhelmshaven zu leiden hat. Nach Angaben des heutigen TA- Vorstandsvorsitzenden Guiseppe Giacobbe sind Schreibmaschinen im Werk Frankfurt nur noch bis 1993 rentabel zu produzieren. Dieser Produktionsbereich soll deshalb in ein asiatisches Billiglohnland verlegt werden. Eine Zukunft am Standort Frankfurt habe nur noch die Herstellung von hochwertigen Profischreibmaschinen und von Plastikteilen. Doch damit, so schätzt die IG Metall, werden allenfalls 200 der 650 Arbeitsplätze erhalten bleiben.
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